Weils Rollenwechsel
Von der Staatskanzlei an die Spitze des Stiftungsausschusses: Was bedeutet die Berufung des früheren Ministerpräsidenten für die Universität Göttingen?
Foto: Steffen Prößdorf, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons.
Kommentare
#1 - Den Zeiten angemessen?
"Positiv stimmt, dass sich die Liste der anderen neuen Mitglieder liest wie ein Who’s Who der deutschen Wissenschaft, mit Max-Planck-Präsident Patrick Cramer etwa oder der Präsidentin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Anke Kaysser-Pyzalla. Diese Liste signalisiert einen wissenschaftlichen Anspruch und eine Bedeutung, die Göttingen sich selbst stets zugeschrieben hat – die sich aber seit vielen Jahren nicht mehr in seiner Entwicklung widergespiegelt haben."
Hm. Ich gehe eher davon aus, dass ein "wissenschaftlich hochkarätiger" Stiftungsausschuss in die expansive Richtung gut funktioniert, nicht aber in die restriktive. Ein zentrales Problem der Uni Göttingen besteht darin, dass sie durch die frühen Erfolge in der ExIni zuviel Geld zur Verfügung hatte. Das führte zu schlechten Entscheidungen, weil es niemand gab, der/die mal gesagt hat "Das können wir uns nicht leisten!". Jetzt wird das Geld wieder aus der Universität abgezogen - und dadurch werden Probleme sichtbar, die schon vorher entstanden sind. So lange die Professor*innen Zugang zu finanziellen Mitteln hatten, um persönliche Ziele zu verfolgen, haben die sich natürlich nicht gegen das Präsidium aufgelehnt. Und ein Stiftungsausschussvorsitzender, der das Problem jahrelang nicht wahrgenommen hat, ist da vielleicht auch nicht die beste Wahl.
#2 - Stiftungsausschuß vs. Senat
Es wundert mich, daß bei diesem Thema die Rolle des Senats so wenig beleuchtet wird. Der (warum auch immer) wiedergewählte Sprecher des Senates hatte eine zentrale Rolle bei der Abwahl von Tolan gespielt. Immerhin hat der Staatssekretär nun Metin Tolan bescheinigt, keine gravierende Fehler gemacht zu haben. Warum hat man Tolan nicht seine Amtszeit beenden lassen können ?
#3 - Kommentar von Nr. 2
Werter Herr Hüthedich, der aktuelle Sprecher des Senats hat ja auch nur seine Meinung vertreten. Vielleicht hat Herr Tolan den Bedürfnissen der Informatik nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, aber ich hüte mich doch davor, dem Sprecher des Senats unlautere Absichten zu unterstellen.
#4 - So oder so neoliberaler Uni-Umbau
Zwar dürften Zuwendungen des Landes aus den VW-Dividenden vermutlich zukünftig überproporzionaler Richtung Göttingen fließen (zumindest so lange die SPD in Niedersachsen noch die Landesregierung federführend stellt). Ebenso dürfte sich der tatsächlich relativ ausgleichende Charakter eines im Vergleich seiner Vorgänger Kurt von Figura oder Metin Tolan nicht gerade als extremes Alpha-Tier auftretenden Stephan Weil positiv auf den inneren Frieden der Uni Göttingen auswirken. Aber die miserablen Forschungs-, Lehr- und Verwaltungsbedingungen an der Hochschule lassen sich mit friedlichem Heiditei sicherlich nicht verbessern. Und die Zurichtung der Uni nach ökonomisch verwertbaren Kriterien, die spätestens mit der Bologna-Reform begonnen hatte, wird auch unter Weil und erst recht unter den Who-is-whos der deutschen Wissenschaft fortgesetzt. Unrentable Studiengänge und zugehörige Professuren und Stellen werden eingestampft, Qualität (smanagement) wird noch mehr zum Papiertiger verkommen, der Konkurrenzkampf unter den Hochschulen wird weiter verschärft, und das Land mischt durch Reduzierung der Grundfinanzierung anstelle dessen massiv notwendiger ausweitung kräftig zum Konkurrenzkampf bei.
Und by the way: die oder der neue Uni-Präsi wird von Land und Stiftungsausschuss garantiert wieder nach Kriterien ausgewählt werden, dir in keiner Weise dazu geeignet sein werden, das Vertrauen der Mitarbeitenden durch das Präsidium wiederzugewinnen und den Mitarbeitenden auch ehrliche, wirklich ehrliche Wertschätzung entgegen zu bringen, statt mit einem Klima der Angst und des generellen Misstrauens zu regieren.
Denn alles, wirklich alles, das an der Uni noch an Exelentem in Lehre und Forschung sowie auch in der Verwaltung trotz aller Widrigkeiten besteht, ist zu vermutlich 80-90 % den unglaublich engagierten Menschen im sog. Mittelbau und MTV zu verdanken (#IchbinHanna).
#4.1 - Widerspruch
Von Ihrem Kommentar bin ich etwas überrascht, ober besser: verwirrt.
Zu Beginn sprechen Sie davon, dass sich die "miserablen Forschungs-, Lehr- und Verwaltungsbedingungen an der Hochschule" "mit friedlichem Heiditei sicher nicht verbessern". Ich nehme an, Sie erfahren dies selbst, weil Sie an der Uni Göttingen im Mittelbau sind und finde das auch glaubhaft.
Dann liefern Sie aber lauter Schlagwörter, die offenbar für Sie die - tiefer liegenden - Ursachen für diese kritischen Bedingungen sind: Bologna-Reform, Ökonomisierung der Hochschulen, QM, Reputationsgehabe von Professor*innen ("Who-is-who"), Konkurrenzkampf der Hochschulen, Finanzknappheit bzw. fehlende Grundfinanzierung usw.
Hier ist für mich jetzt unklar, in welche Richtung Ihre Wünsche bzw Lösungsvorschläge gehen. Wollen Sie jetzt mehr Führung, mehr starke Management-Persönlichkeiten in der Uni-Leitung, mehr Rektor*innen mit politischer Durchschlagskraft bei der Mittelvergabe - also kein "friedliches Heiditei" mehr? Oder doch irgendwie das Gegenteil, also eher repräsentative Uni-Leitung (= starke Dekanate), Bewahrung aller kleinen Fächer, Rückfahren von Konkurrenz zwischen den Hochschulen (und damit letztlich auch des wissenschaftlichen Outputs)? Beides geht für mich nicht zusammen.
#4.2 - Richtigstellung
Weder Kurt von Figura noch Metin Tolan sind die Vorgänger von Herrn Weil -letzterer ist Vorsitzender des Stiftungsrats, die anderen beiden waren Präsidenten. Vorgänger von Herrn Weil war Herr Strohschneider und dessen Vorgänger hieß Krull! Soviel Trennschärfe sollte man erwarten.
#5 - Kommentare Nr. 4
Die Anmerkungen von Nr. 4 finde ich sehr seltsam. Von "miserablen Forschungs-, Lehr- und Verwaltungsbedingungen an der Hochschule" zu sprechen, finde ich mehr als gewagt und nicht zutreffend. Und seit wann sind im Vergleich die "Vorgänger Kurt von Figura oder Metin Tolan" denn "extreme Alpha-Tiere" ? Da ich die Uni seit mehr als 30 Jahren von innen kenne, scheint mir der Kommentator auf einem anderen Stern gelebt zu haben.
#6 - Präsident(in)en-Wahl in Gö
Wählt doch mal den aktuellen Senatssprecher zum Präsidenten. Dann kann der mal zeigen, wie und es wo lang geht.
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