· 

Kabinettstermin fürs WissZeitVG

Nach monatelanger Ressortabstimmung gibt es endlich eine Einigung im Streit innerhalb der Bundesregierung. Am 27. März könnte das Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Kabinett beschlossen werden. Und dann?

JETZT SCHEINT ES wirklich soweit zu sein. Übereinstimmenden Aussagen aus der Ampelkoalition zufolge soll die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) voraussichtlich am 27. März ins Kabinett gehen. In der über Monate festhängenden Ressortabstimmung hätten BMBF, Arbeits- und Wirtschaftsministerium auf Leitungsebene einen Kompromiss erzielt, berichteten Ampelpolitiker am Wochenende. Table Briefings wiederum schrieb am Sonntagabend, ein Ministeriumssprecher habe die Einigung ebenfalls bestätigt. "Exzellente Wissenschaft braucht gute Rahmenbedingungen. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir uns jetzt innerhalb der Bundesregierung auf einen Reformvorschlag für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz verständigt haben", wird Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zitiert, ohne allerdings einen konkreten Termin für die Kabinettsbefassung zu nennen.

 

Wie dieser Kompromiss aussehen soll, hatte ich bereits im Februar hier im Blog skizziert: Demzufolge soll der Entwurf im Wesentlichen unverändert ins Kabinett eingebracht werden. Vor allem soll es bei der von SPD und Grünen abgelehnten Befristungshöchstdauer nach der Promotion (vier Jahre plus zwei weitere Jahre mit Anschlusszusage) bleiben, davon könnte auch per Tarifvertrag nicht abgewichen werden. 

 

Im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Gesetzentwurf ins Kabinett geht, soll stattdessen stehen, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Erweiterung der Tarifklausel im WissZeitVG in der Postdoc-Phase geprüft werden solle, und zwar um die Aspekte Höchstbefristungsdauer und Zeitpunkt der Anschlusszusage. Ziel dabei sei, so die Formulierung im Zuleitungsschreiben, "einen angemessen Zeitraum zur Qualifizierung zu gewährleisten und eine frühere Perspektive auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu eröffnen".

 

Womit, wenn es so käme, eben doch eine Abweichung per Tarifvertrag möglich wäre. Aber dafür müsste es im Parlament eine Verständigung zwischen FDP, SPD und Grünen zur Befristungshöchstdauer geben, die bislang weder bei den Berichterstatter-Gesprächen im vergangenen Jahr noch in der Ressortabstimmung gelungen ist.

 

Mit anderen Worten: Die einzige, die nach dem monatelangen Poker bislang auf einen Erfolg verweisen könnte, wäre demnächst also BMBF-Chefin Stark-Watzinger, wenn das Kabinett ihren Entwurf beschließt. Die Wissenschaftsexperten von SPD und Grüne im Bundestag scharen derweil schon mit den Hufen. 

 

FDP: Prüfaufträge sind "im Rahmen
evidenzbasierten Politik sinnvoll"

 

"Die Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP müssen sich jetzt ein Herz fassen und den Gesetzentwurf gründlich gegen den Strich bürsten", hatte GEW-Vizechef Andreas Keller bereits nach meinem Bericht Mitte Februar kommentiert. Am Sonntagabend erneuerte er auf "X" seine Forderung.

 

Die für das WissZeitVG zuständige Berichterstatterin der grünen Bundestagsfraktion, Laura Kraft, gab sich auf Anfrage schon einmal kämpferisch. Es sei gut, dass der Referentenentwurf "nach monatelanger Hängepartie" endlich ins Kabinett und dann auch ins Parlament kommen, sagte Kraft. "Von einer Einigung kann aber noch keine Rede sein! Im parlamentarischen Verfahren muss insbesondere die Postdoc-Phase unter anderem in Bezug auf die Tarifsperre und die Höchstbefristungsdauer dringend überarbeitet werden." Als Abgeordnete werde sie sich im Parlament dafür einsetzen. "Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen endlich  angemessene Rahmenbedingungen. Der aktuelle Entwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erfüllt diese Anforderungen aber noch nicht." 

 

Krafts Kollegin von der SPD-Bundestagsfraktion, Carolin Wagner, sagte, im parlamentarischen Verfahren gelte es, "einen neuen Kompromiss für die Postdoc-Phase innerhalb der Ampel zu finden, mit dem die Maßgabe aus dem Zuleitungsschreiben Berücksichtigung findet." Dass die entsprechende Forderung aus dem Arbeitsministerium berechtigt sei, hätten eine Studie des DAAD und erst kürzlich das "Barometer für die Wissenschaft" gezeigt, sagte Wagner weiter. Es sei deutlich geworden, dass Intransparenz über Karrierewege in der Wissenschaft sowie "die jahrelange Hängepartie in der Postdoc-Phase" die deutsche Wissenschaft zunehmend unattraktiv für kluge Köpfe machten. "Dem müssen wir mit der Reform des WissZeitVG entgegensteuern, wenn wir ein forschungsstarkes Land der Innovation bleiben wollen."

 

Die offene Frage ist, was im dritten – und definitiv letzten – Anlauf den Unterschied machen soll, nachdem die Einigung schon zweimal nicht geklappt hat. Derweil zeigt sich die FDP-Bundestagsfraktion in Maßen gesprächsbereit. Ihr forschungspolitischer Sprecher, Stephan Seiter, sagte, er begrüße, dass die Ressortabstimmung "letztendlich das Verhandlungsergebnis zwischen den Koalitionsfraktionen aus dem vergangenen Jahr übernommen habe". Die im Referentenentwurf enthaltenen Regelungen könnten zu einer erheblichen Änderung von Befristungsverhältnissen beitragen, auf die in Zukunft aufgebaut werden könne. Und dann kommt der aus Sicht von SPD und Grünen entscheidende Satz: "Prüfaufträge halte ich im Rahmen evidenzbasierter Politik für sinnvoll."

 

Union: Planungsunsicherheit bei
Betroffenen verschärft sich weiter 

 

Heftige Kritik kommt von der CDU/CSU-Opposition. Die Regierung sei beim WissZeitVG weiter zerstritten und habe keine gemeinsame Linie, sagte der forschungspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Thomas Jarzombek. "Vor einem Jahr hat die Koalition erstmals Eckpunkte vorgestellt, die seitdem Gegenstand eines öffentlich ausgetragenen Koalitionsstreites sind. Die Koalition hat sich jetzt darauf verständigt, die weiterhin offenen Fragen ungelöst in den Deutschen Bundestag zu gegeben. Die von der Regierungskoalition ausgelöste Planungsunsicherheit bei den Betroffenen in Wissenschaft und Forschung verschärft sich dadurch weiter."

 

 

Hinweis: Der Artikel wurde am 11. März um 15 Uhr um das Statement von Thomas Jarzombek ergänzt. 



In eigener Sache: Es geht so nicht mehr

Dieser Blog hat sich zu einer einschlägigen Adresse der Berichterstattung über die bundesweite Bildungs- und Wissenschaftspolitik entwickelt. Doch wirtschaftlich steht die Idee seiner freien Zugänglichkeit vor dem Scheitern.


></body></html>

Kommentar schreiben

Kommentare: 0