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Gericht bestätigt: Döring darf nicht vor Abgeordneten reden

Die frühere Staatssekretärin scheitert in der Fördermittelaffäre mit ihrem Eilantrag. Derweil wird bekannt: Stark-Watzinger hat ihren Pressesprecher versetzt.

ES IST EIN ETAPPENSIEG für Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Vier Tage vor der Sondersitzung des Bundestags-Forschungsausschusses zur Fördermittelaffäre hat das Verwaltungsgericht Minden am Freitag entschieden, dass die frühere BMBF-Staatssekretärin Sabine Döring kein Rederecht vor Abgeordneten erhält. Döring hatte per Eilantrag durchsetzen wollen, dass ihre dienstliche Verschwiegenheitspflicht aufgehoben wird, um sich zu den Entscheidungsabläufen im Ministerium äußern zu dürfen.

Konkret bezog sich Döring mit ihrem Antrag auf Inhalte in der Pressemitteilung vom 16. Juni, in der Stark-Watzinger spät abends Dörings Entlassung mitgeteilt und mit Hinweis auf deren vermeintliche Rolle in der Fördermittelaffäre begründet hatte. Ausgangspunkt der Affäre war ein Offener Brief Berliner Hochschullehrender, die Anfang Mai den Polizeieinsatz gegen ein propalästinensisches Protestcamp an der Freien Universität kritisiert hatten. Der Brief wiederum löste heftigen Widerspruch Stark-Watzingers aus – und umstrittene und bis heute nicht vollends aufgeklärte Aktivitäten in ihrem Ministerium.

Die daraufhin geschasste Staatssekretärin habe keinen Anspruch auf Unterlassung der in der Presseerklärung gemachten Aussage des BMBF, berichtete zuerst das Online-Portal "Recht und Politik" am Nachmittag über die Entscheidung der Mindener Richter.

Anders als Döring meine, enthalte diese Presseerklärung nämlich gar nicht die Aussage, dass sie eine Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen bei den zuständigen Fachreferaten erbeten habe. Sondern der Text besage lediglich, dass Döring für einen wie auch immer gearteten Prüfauftrag verantwortlich gewesen sei und später erklärt habe, sich bei dessen Beauftragung offenbar missverständlich ausgedrückt zu haben. Diese Erklärung stelle eine wahre Tatsachenbehauptung dar und verletze die Antragstellerin nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Auch habe Döring keinen Anspruch, um vor der Arbeitsgruppe "Bildung und Forschung" der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion am 9. September zur Fördermittelaffäre auszusagen, beschied das Gericht. Obwohl sich Dörings Antrag konkret darauf bezog, gilt er damit natürlich auch für die Sondersitzung des Forschungsausschusses einen Tag später – bei der sie aber formal auch gar nicht eingeladen ist, nachdem die Ampelmehrheit eine entsprechende Forderung der Opposition abgelehnt hatte.

Über das Aufklärungsinteresse der Öffentlichkeit hätten sie nicht zu entscheiden, sagen die Richter

Die Kammer verkenne nicht, dass die Öffentlichkeit an der Aufklärung der Affäre ein Interesse habe. Doch könne Döring in dem Gerichtsverfahren nur ihre eigenen Rechte geltend machen, und da keine Verletzung dieser Rechte, insbesondere ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliege, wiege die Verschwiegenheitspflicht von Döring als ehemaliger Beamtin schwerer. Denn die sei mit Verfassungsrang ausgestattet.

Die Trennung zwischen Dörings Kampf um ihre Reputation und dem öffentlichen Aufklärungsinteresse mag juristisch herleitbar sein – politisch ist sie gelinde gesagt brisant.

Döring kann Rechtsmittel gegen die Eil-Entscheidung einlegen. Gut möglich, dass sie es tut. Und ebenso wahrscheinlich, dass es dann für die Sondersitzung des Ausschusses zu spät sein wird. Zu dem sie, wie zu hören ist, dennoch persönlich erscheinen will. Nur sagen darf sie dann nichts.

Was das für die weitere Aufklärung der Fördermittelaffäre bedeuten wird, bleibt abzuwarten. Der Rechtsstreit zwischen "FragDenStaat" und BMBF um die Veröffentlichung der BMBF-internen "Wire-Chats" ist noch nicht entschieden. Auch hatten sich die Fronten in der Ampelkoalition zuletzt verhärtet, nachdem das Forschungsministerium zunächst kurzfristig die Herausgabe von Dokumenten an den Ausschuss angekündigt und dann nur bereits bekannte Unterlagen und keinerlei Original-Akten geliefert hatte. "Die uns vom BMBF vorgelegten Unterlagen werden nicht ausreichen, um die gegen das Haus und die Ministerin gerichteten Vorwürfe zu entkräften", kritisierte daraufhin der SPD-Obmann im Forschungsausschuss, Oliver Kaczmarek hier im Blog. "Insbesondere zur internen Kommunikation der engsten Führung des Hauses und zu den seit der letzten Befragung im Ausschuss erhobenen Vorwürfen sagen sie nichts."

Leitung der BMBF- Pressestelle ist vakant

Unterdessen bestätigte das BMBF auf Anfrage, dass Nils Droste nicht mehr Pressesprecher des Ministeriums ist. "Herr Droste leitet seit Anfang September 2024 das Referat 215 "Forschungssicherheit, Investitionsprüfung", teilte eine Sprecherin mit. Die Leitung des Pressereferates L21 sei vakant und werde zur Zeit von der stellvertretenden Referatsleitung wahrgenommen.

Der Personalwechsel war aufgefallen, nachdem am Freitagmorgen nicht mehr Droste, sondern der Leiter der Unterabteilung "Kommunikation", Michael Zimmermann, zu einer Pressekonferenz des Ministeriums eingeladen hatte.

Der Personalwechsel ist durchaus interessant. Im Juni berichtete der SPIEGEL, Droste habe die vielkritisierte Liste mit den Unterzeichnern des Offenen Briefs maßgeblich in Auftrag gegeben, was das Ministerium als unzutreffend bezeichnete. Auch bestritt es die SPIEGEL-Darstellung, dass Droste zum 1. Juli intern versetzt werden solle. Tatsächlich gab es aber im Juni über Wochen Andeutungen von BMBF-Mitarbeitern, dass der Pressesprecher eine andere Position im Haus erhalten solle. Meine damalige Anfrage, ob dem so sei, hatte Droste unbeantwortet gelassen. Nun zeigt sich: An der Versetzung war was dran. Nur der Zeitpunkt stimmte nicht.


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