Die bessere Alternative

Studiengebühren für internationale Studenten seien feige, schrieb ein baden-württembergischer Professor vergangene Woche. Ministerin Theresia Bauer sagt: Das Gegenteil stimmt.

Theresia Bauer (Foto: MWK)
Theresia Bauer (Foto: MWK)

ICH HABE mich dazu entschieden, Gebühren für internationale Studierende und für das Zweitstudium in Baden-Württemberg einzuführen, weil ich das für die bessere Alternative halte, um einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten. Besser als die Kürzung der Hochschulbudgets ist es, neue Einnahmequellen zu schaffen, von denen ein Teil direkt bei den Hochschulen bleibt.

 

Das sei feige und würde unterm Strich den Hochschulen nicht einmal etwas bringen, kritisierte vergangene Woche an dieser Stelle der Ulmer Professor Klaus Peter Kratzer. Anderswo wird mir sogar vorgeworfen, solche Gebühren seien rassistisch. Zu allen drei Vorwürfen sage ich: Stimmt nicht.

Feige?

Was soll daran feige sein, eine Maßnahme anzupacken, die schon seit Jahren als sinnvolles Element der Internationalisierung unserer Hochschulen kursiert, an deren Umsetzung sich aber keiner herantraut, weil das Thema Gebühren generell zum Tabu erklärt wird? Ich habe mich dem heißen Eisen gewiss nicht leichtfertig genähert. Die Debatte ist auch kein Spaziergang, sie kostet Kraft und auch Mut. Aber ich finde sie auch der Mühe wert.

 

Es gibt gute Gründe, Gebühren für internationale Studierende einzuführen: Wir müssen die Strukturen der Hochschulen stärken, die sich um sie kümmern. Denn die Abbruchquoten der internationalen Studierenden sind deutlich höher als die ihrer inländischen Kommilitonen. Und die Zahl der Studierenden, die aus dem Ausland zu uns kommen, steigt stetig – was zu begrüßen ist. Beides spricht aber dafür, dass hier zusätzliche Ressourcen eingesetzt werden müssen und es keine Budgetkürzungen geben darf.

 

Rassistisch?

 

Der Vorwurf, eine differenzierte Gebührenregelung würde Ausländer diskriminieren, läuft ins Leere. Denn ausschlaggebend ist keineswegs die Nationalität der Betroffenen, sondern die Frage, wo ihr dauerhafte Lebensmittelpunkt liegt: Die Vietnamesin, die hier aufgewachsen ist, oder der Türke, der hier verheiratet ist, sind ebenso ausgenommen von der Gebührenpflicht wie die Syrerin, der wir Asyl gewähren.

 

Werden internationale Studierende finanziell überfordert? Auch da sind Zweifel angebracht. Über 60 Prozent der internationalen Studierenden, die derzeit an baden-württembergischen Hochschulen eingeschrieben sind, stammen aus Ländern, in denen sie zu Hause mindestens genauso hohe, meist sogar deutlich höhere Gebühren zahlen müssten. Und diese Länder leisten sich keine fast ausschließlich steuerfinanzierte Hochschulbildung, wie wir sie haben.

 

Bemerkenswert ist, dass auch andere Länder, die ein überwiegend steuerfinanziertes Hochschulwesen haben, nun sukzessive Gebühren für internationale Studierende einführen. So etwa Österreich oder Schweden – wo pro Jahr durchschnittlich 10.000 Euro verlangt werden – oder Finnland, das in diesem Jahr startet mit einer entsprechenden Regelung. Gerade weil die Zahl internationaler Studierender erfreulicherweise steigt, halte ich es schlicht für haushaltspolitischen Realismus, diese Kosten nicht unbegrenzt aus dem allgemeinen Steueraufkommen tragen zu lassen.

 

Kein Nutzen für die Hochschulen?

 

Eine moderate Einnahmensteigerung für unsere Hochschulen anstelle einer schmerzlichen Budgetkürzung: Das allein ergibt schon Sinn. Der Aufwand für die Hochschulen, die Gebühr zu erheben, wird sich in engen Grenzen halten, das wissen wir auch aus der Vergangenheit. Viele der aus gutem Grund vorgesehenen Ausnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Austauschs und der Sozialverträglichkeit werden leicht zu prüfen sein. Die Hochschulen wissen sehr genau, wer im Rahmen von Hochschulkooperationen und internationalen Austauschprogrammen des Landes oder im Rahmen von Erasmus zu Ihnen kommt und deshalb keine Gebühren zahlen muss. Richtig ist, dass darüber hinaus Einzelfallentscheidungen zu treffen sein werden. Hier geben wir den Hochschulen Spielraum, wie aufwändig sie diese gestalten wollen. Für die besonders heiklen entwicklungspolitischen Aspekte werden wir geeignete Instrumente finden, um die nötige Flexibilität zu bewahren.

 

In Summe erwarte ich, dass wir damit auch in den kommenden Jahren gut aufgestellt sein werden mit international attraktiven und verlässlich finanzierten Hochschulen, die mit besten Studienbedingungen Studierende aus aller Welt anziehen und Wissenschaft im globalen Kontext und in globaler Verantwortung voranbringen.

 

Theresia Bauer (Grüne) ist seit 2011 Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Michael Büker (Mittwoch, 18 Januar 2017 10:30)

    Mir ist nicht klar, warum die Einführung von Studiengebühren einerseits oder die Kürzung des Hochschulbudgets andererseits die einzigen beiden Handlungsoptionen der Landesregierung gewesen sein sollen.

  • #2

    Thomas Rembrandt (Donnerstag, 02 Februar 2017 22:27)

    Danke Frau Bauer, dass dank Ihnen kleine internationale Studiengänge mit der Einführung von Studiengebühren nicht mehr genug Bewerber haben werden. Ganze Studiengänge stehen dadurch zur Debatte.

    In vielen Studiengängen ist der internationale Austausch unter den StudentInnen und deren internationale Kontakte essentiell. Gibt es weniger international Studierende, wird es weniger internationale DoktorandInnen geben und die Forschung erheblich darunter leiden.

    In einer solchen Zeit, eine solche Forderung setzt ein Zeichen, nur leider in die falsche Richtung.