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Der Fahrplan der Leopoldina

Die Nationalakademie hat ihre mit Spannung erwarteten neuen Corona-Empfehlungen an die Politik vorgelegt. Der Fahrplan, den sie formuliert, sollte Bund und Ländern den Weg aus dem Shutdown weisen.

Screenshot der Titelseite der Empfehlungen.

ANGELA MERKEL PERSÖNLICH hatte vor dem Wochenende deutlich gemacht, dass unter der Vielzahl an Expertenempfehlungen, die in diesen Tagen veröffentlicht werden, eine von ganz besonderer Bedeutung ist. Vor allem dann, wenn die Bundeskanzlerin und die 16 Ministerpräsidenten am Mittwoch per Telefonschalte über die Zukunft im Kampf gegen die Corona-Pandemie beraten werden. Jetzt liegt sie auf dem Tisch, die dritte sogenannte "Adhoc-Stellungnahme" der Nationalakademie Leopoldina, und was die interdisziplinäre Arbeitsgruppe von diesmal 26 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorschlägt, dürfte die politische Entscheidung, die Merkel und ihre Kollegen zu treffen haben, wenn nicht vorgeben, so doch maßgeblich beeinflussen.

 

Es handelt sich zweifellos um eine der schwerwiegendsten Entscheidungen, die die Regierungschefs in ihrem politischen Leben zu treffen haben. Sollen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, einschneidende Beschränkungen des öffentlichen Lebens und der persönlichen Freiheitsrechte, bestehen bleiben – oder ist es gerechtfertigt, ja geboten, in ihre Lockerung einzusteigen? Für beide Positionen gibt es starke Argumente, und Vertreter keiner der beiden Positionen sollten es sich zu einfach machen darin, die andere Seite als leichtfertig oder verantwortungslos zu diskreditieren. Ohne all die Für und Wider einer allmählichen Lockerung an dieser Stelle noch einmal aufzuzählen, wird damit auch klar: Die Politik muss zwischen zwei Übeln das vermeintlich geringere wählen. Und sie kann und darf es nur auf der Grundlage wissenschaftlicher Expertise, was ihr – zum Glück – auch bewusst ist.

 

Die Wissenschaftler hinter der Leopoldina-Stellungnahme wiederum sind sich angesichts dieser historisch einmaligen Entscheidungssituation ihrer Verantwortung bewusst. Man merkt es ihrem Votum an, den abgewogenen Formulierungen, der Ausführlichkeit der auf 16 Seiten dargestellten Empfehlungen und ihrer Basis. Auch die Nationalakademie selbst beweist durch die disziplinären Breite der für die Arbeitsgruppe nominierten Wissenschaftler das Bewusstsein für eine Tragweite, die weit über eine medizinische Weichenstellung hinaus geht. Virologen, Biologen, Psychologen, Juristen, Wirtschaftswissenschaftler, Bildungsforscher, Theologen, Philosophen, Historiker, Ethiker: Sie alle haben die Empfehlungen mitgeprägt. Kritisch anzumerken ist indes, dass unter den 26 Autoren lediglich zwei (!) Frauen sind. Und trotzdem: Keiner, aber auch wirklich keiner sollte leichtfertig wegwischen, was die Wissenschaftler zu sagen haben. Auch wenn das, was sie sagen, nicht den eigenen Erwartungen entsprechen mag.

 

Wissenschaftler votieren für
eine schrittweise Öffnung

 

Was empfehlen die Wissenschaftler der Politik? Am wichtigsten: Das öffentliche Leben, so heißt es in den Empfehlungen, könne schrittweise wieder normalisiert werden unter den folgenden Bedingungen: der Stabilisierung der Corona-Neuinfektionen auf niedrigem Niveau, dem Aufbau der nötigen klinischen Reservekapazitäten und der Wiederaufnahme der regulären Behandlung von Nicht-Corona-Patienten.

 

Was daraus für die Politik folgt (und dies ist meine Interpretation): Ob dieser Teil der Voraussetzungen erfüllt ist, das wird vor allem das Robert-Koch-Institut mit seinem morgigen Lagebericht einschätzen müssen. Die vorliegenden Zahlen der Johns-Hopkins-Universität deuten jedenfalls auf ein weiteres Abflachen der Infektionskurve hin, auch überstieg die Zahl der genesenen Patienten zuletzt die Zahl der Neuinfektionen. 

 

Als weitere zentrale Voraussetzung der allmählichen Normalisierung nennt die Leopoldina darüber hinaus, dass "die bekannten Schutzmaßnahmen (Hygienemaßnahmen, Mund-Nasen-Schutz, Distanzregeln, zunehmende Identifikation von Infizierten) ... diszipliniert eingehalten" würden

 

Aufgabe der Politik am Mittwoch – dies ist wiederum meine Interpretation – wird sein, die Einhaltung dieser Maßnahmen sicherzustellen, anstatt allein an den Goodwill der Leute zu appellieren. Die Leopoldina-Wissenschaftler machen diese Aufgabe der Politik explizit, indem sie eine Pflicht zum Tragen von "Mund-Nasen-Schutz... als zusätzliche Maßnahme in bestimmten Bereichen wie dem öffentlichen Personenverkehr" verlangen. 

 

Einzelhandel zuerst,
Großveranstaltungen später

 

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, sagen die Wissenschaftler, dann könne die schrittweise Öffnung beginnen, und sie nennen eine Reihenfolge: zuerst der Einzelhandel und die Gastronomie und der "allgemeine geschäftliche und behördliche Kundenverkehr". Auch dienstliche und private Reisen könnten dann "unter Beachtung der genannten Schutzmaßnahmen" wieder aufgenommen werden. Als letzten Bereich, der geöffnet werden könnte, nennt die Leopoldina-Arbeitsgruppe gesellschaftliche, kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die "nach und nach" und "in Abhängigkeit von der möglichen räumlichen Distanz und den Kontaktintensitäten der Beteiligten" wieder erlaubt werden sollten.

 

Bei allen Öffnungsmaßnahmen bleibe ein kontinuierliches Monitoring der Infektionszahlen notwendig, betonen die Wissenschaftler.

 

Dass die Bildungseinrichtungen in der erwähnten Aufzählung fehlen, hat einen einfachen Grund: Sie sind den Wissenschaftlern so wichtig, dass sie ihnen einen eigenen Abschnitt gewidmet haben. Sie votieren mit Nachdruck für eine möglichst baldige schrittweise Öffnung. Der Grund: "Im Bildungsbereich habe die Krise zum massiven Rückgang der Betreuungs- Lehr- und Lernleistungen sowie zur Verschärfung sozialer Ungleichheit geführt." Bei der dringenden Öffnung der Bildungsbeschränkungen müssten die Risiken für erneute Ansteckungen allerdings minimiert werden, mahnen die Wissenschaftler, auch müssten für eine "längere Übergangszeit... eingeschränkte, wenn auch schrittweise erweiterte Formen von Betreuung und Unterricht akzeptiert werden". In dieser Übergangszeit müssten deshalb unter anderem "alle Vorgaben zu Hygiene, Abstand, Mund-Nasen-Schutz" eingehalten werden.

 

Kitas sollen nur langsam öffnen,
Grundschulen dafür möglichst bald

 

Wie genau das gehen soll, ist allerdings gerade bei kleineren Kita- und Grundschulkindern eine besonders schwierige Frage. Weshalb die Leopoldina differenziert: Da kleinere Kinder sich nicht an die Schutzmaßnahmen halten, gleichzeitig aber die Infektion weitergeben könnten, "sollte der Betrieb in Kindertagesstätten nur sehr eingeschränkt wiederaufgenommen werden." Gemeint sind hier kleine Gruppen von maximal fünf Kindern pro Raum und zunächst nur mit Kindern "am Übergang zur Grundschule", also mit den 5- und 6-Jährigen. Für die jüngeren Kinder sollten die Kitas bis zu den Sommerferien im Notbetrieb bleiben.

 

Bei den Grundschulen hingegen lautet das Leopoldina-Votum anders: Sie sollen zusammen mit der Sekundarstufe I als erstes wieder öffnen, an den Grundschulen wiederum zunächst die Abschlussklassen am Übergang zur Sekundarstufe. Auch hier seien kleine Gruppengrößen die Voraussetzung und eine Konzentration auf die Schwerpunktfächer – Deutsche und Mathe in den Grundschulen, hinzu komme zum Beispiel eine gestaffelte Pausenregelung. "Der Schulhof darf nicht zum Austauschort für Viren werden", mahnen die Forscher.

 

In höheren Klassenstufen, argumentiert die Arbeitsgruppe, solle die Rückkehr zum gewohnten Unterricht dagegen später erfolgen, da dort die Möglichkeiten des Fernunterrichts, "ob digital oder analog" aufgrund des höheren Alters besser genutzt werden könnten. Unterschiedliche Übergangsformen und Verknüpfungen zwischen Präsenzphasen und (digitalen) Unterricht auf Distanz seien denkbar. Auch bei den älteren Schülern gelte: Zunächst sollten die Abschlussklassen an die Schulen zurückkehren, um sie auf die zentralen Abschlussprüfungen vorbereiten zu können, bei den übrigen Klassen sie wiederum ein gestuftes Vorgehen angezeigt mit reduzierter Stundenzahl und einer Konzentration auf die Kernfächer (inklusive Fremdsprachen).

 

Für die Sommerferien und auch sonst empfehlen die Forscher, den Schülern "kompensatorische Maßnahmen anzubieten, um die Bildungsverluste durch die Schulschließungen zu verringern und auch die Auswirkungen auf anstehende Prüfungen abzumildern. Apropos: Rückendeckung werden die Kultusminister  für ihre heftig kritisierte Entscheidung, die Abiturprüfungen durchzuziehen, aus dem Satz herauslesen: "Generell gilt es, die Prüfungsmöglichkeiten auf allen Bildungsetappen aufrechtzuerhalten."

 

"Ein realistischer Zeitplan und 

ein klares Maßnahmenpaket"

 

An den Hochschulen, empfiehlt die Leopoldina, sollte das Sommersemester weitgehend als Online-/Homelearning-Semester zu Ende geführt werden, was von der Wissenschaftspolitik bereits durch ihre Entscheidungen vorweggenommen wurde. Lobend stellt die Leopoldina fest, dass die Krise "den Digitalisierungsschub im Bildungsbereich beschleunigt" habe, dieser werde zu einer Verbesserung der digitalen Ausstattung der Einrichtungen, der digitalen Kompetenzen von Lehrkräfte und Schülern und zur schnelleren Entwicklung neuer Unterrichskonzepte führen. Die "erheblichen Vorzüge und Grenzen von Digitalisierung im Bildungswesen" müssten im Nachgang, "auch durch wissenschaftliche Begleitforschung evaluiert werden. Es gelte, den Einsatz moderner didaktischer Methoden und Mittel nach der Krise weiterzuentwickeln.

 

Was die Wissenschaftler von der Politik auf jeden Fall am Mittwoch sehen wollen, ist ein "realistischer Zeitplan und ein klares Maßnahmenpaket zur schrittweisen Normalisierung". Dadurch werde die intrinsische Motivation zur Einhaltung der Maßnahmen erhöht, was die Wissenschaftler für wichtiger halten als die Androhung von Bestrafungen. Auch erhöhten sich dadurch die Kontrollier- und Planbarkeit für alle, und klare Ansagen könnten helfen, negative psychische und körperliche Auswirkungen der aktuellen Belastungen zu minimieren. 

 

Was die Wissenschaftler in ihren Empfehlungen an keiner Stelle nennen und was auch nicht ihre Aufgabe wäre, sind konkrete Kalenderdaten, wann mit der Öffnung zu beginnen sei und wann welche Stufe an der Reihe ist. Das, so lautet die an vielen Stellen mitschwingende Botschaft, ist die Aufgabe der Politik. Erfüllen soll sie sie anhand der von der Wissenschaft beschriebenen Kriterien und auf der Grundlage empirischer Daten zum Verlauf der Pandemie. Dass die Leopoldina indes der Meinung ist, die Phase der drastischsten Beschränkungen müsse bald vorüber sein, der Einstieg in den beschriebenen stufenweisen Ausstieg müsse bald beginnen, wird auch klar.

 

Dringende Mahnung: Die Entscheidungsgrundlagen 
müssen besser werden

 

Apropos empirische Daten: Hiermit beschäftigt sich die allererste Empfehlung der Leopoldina. Die Grundlage der politischen Entscheidungen müsse dringend optimiert werden, mahnen die Forscher. Die bisherigen Datenerhebungen seien zu "stark symptomgeleitet", woraus eine verzerrte Wahrnehmung des Infektionsgeschehens resultiere. Dass diese Forderung, die die Leopoldina nun schon zum wiederholten Male erhebt, ganz vorn platziert wird, zeigt die zunehmende Ungeduld der Forscher. Insbesondere "repräsentative und regionale Erhebungen des Infektions- und Immunitätsstatus" seien nötig, anders formuliert: Die Politik muss endlich wissen, wie stark das Virus tatsächlich verbreitet ist in der Bevölkerung, auch um seine tatsächliche Gefährlichkeit zu kennen – daran wiederum misst sich nämlich die Angemessenheit der ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen.

 

Ihre aus der unzureichenden Datenlage resultierende eigene Ungewissheit, wie stark das Gesundheitsrisiko durch Corona bezogen auf die einzelnen Altersgruppen tatsächlich ist, stellen die Wissenschaftler ebenfalls an den Anfang ihrer Stellungnahme. Das Wissen über die möglichen schweren Krankheitsverläufe und die Todesfallzahlen, sagen sie, ermögliche noch keine realistische Darstellung des tatsächlichen Risikos für Einzelpersonen. Dafür müssten diese Daten "in Relation zu denen anderer Erkrankungen gesetzt werden und auf das zu erwartende Sterberisiko in einzelnen Altersgruppen bezogen werden".

 

Scheint hier eine gewisse Skepsis der Wissenschaftler durch, dass sie selbst nicht so sicher sind, wie schlimm die Pandemie tatsächlich ist? Womöglich weniger die eigene Skepsis als das Wissen um die Skepsis bedeutender Teile der Bevölkerung, die immer stärker eine Abwägung der unterschiedlichen Risiken verlangen: auf der einen Seite das Risiko, das Gesundheitssystem könne bei zu hohen Corona-Fallzahlen überlastet werden, auf der anderen Seite aber die wachsende die Sorge, allzu drastische Maßnahmen hätten "negative Folgen in Wirtschaft und Gesellschaft", wie die Leopoldina-Arbeitsgruppe es formuliert. Wovon die Wissenschaftler jedenfalls überzeugt sind: Auf Dauer wird die Bevölkerung die "erforderlichen Maßnahmen" nur mitmachen, wenn die Politik, ermöglicht durch die Wissenschaft, belastbare Zahlen vorlegt, die über Zweifel, möglicherweise übertrieben Bund und Länder den Kampf gegen Corona, erhaben sind. 

 

Die Leopoldina-Forscher mahnen auch die  Nutzung "freiwillig bereitgestellter GPS-Daten in Kombination mit Contact-Tracing, wie dies beispielsweise in Südkorea" genutzt werde, an. Hier geht es also unter anderem um die zuletzt vieldiskutierten Corona-Handy-Apps. 

 

Was werden die Regierungschefs
aus den Empfehlungen machen?

 

Weitere Empfehlungen der Leopoldina sind unter anderem, die Wirtschafts- und Finanzpolitik weiter und entschieden zur Stabilisierung von Gesellschaft und Wirtschaft zu nutzen; über der Krise und nach der Krise dürften nicht die übrigen globalen Herausforderungen "wie insbesondere der Klima- und Artenschutz" vergessen werden; die Rolle des Staates in der Wirtschaftspolitik müsse so bald wie möglich "zugunsten eines nachhaltigen Wirtschaftens im Rahmen einer freiheitlichen Marktordnung rückgeführt oder angepasst werden". Auch die Schuldenbremse müsse nach der Krise wieder gelten. 

 

Was werden nun die Regierungschefs von Bund und Ländern am Mittwoch aus den Empfehlungen machen? Die erwähnte Wahl zwischen den beiden Übeln kann ihnen auch das Leopoldina-Gutachten nicht abnehmen – schon weil die Datengrundlage, wie die Forscher betonen, längst noch nicht so gut ist, wie sie sein sollte. Doch sollten sich Merkel und die Ministerpräsidenten angesichts der sich abflachenden Infektionskurve für eine allmähliche Lockerung entscheiden, wofür viele Anzeichen der vergangenen Tage sprechen, dann täten sie dies nicht im Gegensatz zu den heute vorgelegten Empfehlungen – sondern mit deren vorsichtiger Unterstützung, allerdings begleitet von eine Reihe eindeutiger Mahnungen. Dazu gehören ein genauer Zeitplan inklusive einer stufenweisen Öffnung, wie die Leopoldina sie beschrieben hat, die parallele Verschärfung weiterer Sicherheitsmaßnahmen wie einer Maskenpflicht – und die Forcierung eines repräsentativen Infektionsmonitorings. 

 

Vor gut drei Wochen hatte die Leopoldina Bund und Ländern den Weg in den Shutdown gewiesen. Jetzt zeigt sie ihnen den Weg hinaus.


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Die Stellungnahme der Leopoldina als PDF
Weil die Server der Nationalakademie derzeit überlastet sind, stelle ich die Stellungnahme hier direkt zur Verfügung.
Leopoldina_Coronavirus-Pandemie-Die Kris
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Kommentare: 3
  • #1

    Dr. Hartmut Bredereck (Montag, 13 April 2020 17:01)

    Die Empfehlungen der Leopoldina klingen trivial und enthalten nicht viel Neues, was nicht schon allerorten diskutiert wurde. Neben den bekannten medizinischen Leitlinien (Hygiene, Schutzmasken, Tests) erscheint die schrittweise Öffnung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens jedoch sinnvoll. Auch die Betonung, dass an der marktwirtschaftlichen Grundordnung festgehalten wernden sollte, ist wichtig, um links-grünen Träumen entgegen zuwirken. Der Akademiepresident Haug musste wohl seine Klimakompetenz auch einbringen, um zu erklären, dass die Herausforderungen des Klimaschutzes nicht vergessen werden dürfen. Der sogenannte "new green deal" Deutschlands, kostet uns Hunderte von Milliarden Euros, die sinnlos verpulvert werden. Wo die Billionen herkommen sollen, sagt die Nationalakademie natürlich nicht.

  • #2

    Sonja (Montag, 13 April 2020)

    "Dies setzt voraus, dass berufstätige Eltern weiterhin durch eine sehr flexible Handhabung von Arbeitszeiten und -orten sowie finanziell unterstützt werden.“
    Das ist fast schon Hohn und kann nur durch ein Gremium aus fast nur Männern empfohlen werden, die wahrscheinlich den "Luxus" von Frauen in Teilzeit oder Elternzeit genießen. Mein Mann und ich sind beide im Home Office und versuchen, zwei Vollzeit Jobs und Kinderbetreuung zu organisieren. Bei unveränderter Arbeitslast. Mein Arbeitstag beginnt um 5 Uhr, seiner endet um 1 Uhr nachts. Aber uns wird erzählt, wie viel Quality Time und Entschleunigung wir jetzt ja genießen können.

  • #3

    Working Mum (Dienstag, 14 April 2020 07:55)

    Was mich auch erheblich irritiert, ist das Denken "bis zu den Sommerferien". Vielleicht müsste den vielen Herren und wenigen Damen auch noch einmal jemand in Erinnerung rufen, dass Eltern nicht mehr Jahresurlaub zur Verfügung steht als anderen Arbeitnehmer*innen. Kaum ein Elternteil - sofern nicht Lehrer*in - hat also sechs Wochen Sommerferien frei. Die Lösung für die Sommerferien beruht in vielen Familien zu wesentlichen Teilen auf den Großeltern und externen Angeboten, bei denen viele Kinder aus unterschiedlichsten Familien in neu zusammengewürfelten Gruppen zusammenkommen. Wenn man das nicht will, sollte man das Denken "bis zu den Sommerferien" möglichst bald um eine Perspektive darüber hinaus erweitern.
    Und ich stimme Sonja an der Stelle voll zu: Die Schwer- bis Unvereinbarkeit von Homeoffice mit der Betreuung von zumindest (kleinen) Kindern müsste wesentlich stärker berücksichtigt werden.