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Und wieder ist eine Woche rum

Union und SPD sind sich einig: Die Corona-Nothilfe für bedürftige Studierende soll schnell kommen. Aber für den Streit ums Wie gönnen sie sich offenbar noch mehr Zeit.

DIE FÜR VIELE erste digitale Vorlesungswoche endet für die betroffenen Studierenden weiter mit Ungewissheit. Hunderttausende von ihnen hat die Corona-Pandemie empfindlich getroffen; sie verloren durch den Shutdown ihre Studentenjobs, viele ihrer Eltern mussten in Kurzarbeit gehen und können ebenfalls weniger zu ihrem Lebensunterhalt beisteuern. Am härtesten trifft es viele internationale Studierende, in deren Heimatländern die sozialen Verwerfungen durch Corona noch viel stärker sind – und die von zu Hause kaum noch Unterstützung mehr erwarten können.

 

Doch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und ihre Länderkollegen streiten sich weiter um die Ausgestaltung der Nothilfe, was umso ärgerlicher ist, weil sie sich über deren wichtigsten Aspekt ja völlig einig sind: dass es sie braucht. Und zwar dringend. 

 

Die Argumente sind alle ausgetauscht –
sogar schon mehrfach 

 

Die Argumente sind ausgetauscht, mehrfach sogar, zuletzt in einer Vielzahl von Briefen. Die Amtschefs der Landeswissenschaftsministerien haben, so ist zu hören, diese Woche sogar erwogen, noch einen Brief zu schreiben, es dann aber erstmal gelassen. Gelassen hat es auch der Koalitionsausschuss der Großen Koalition, die Studierenden-Nothilfe als Tagesordnungspunkt zu behandeln. Dafür gaben Union und SPD – lobenswerterweise – 500 Millionen Euro für die digitale Ausstattung armer Schüler frei. Noch viel lockerer saß das Geld für die Kurzarbeiter und eine Umsatzsteuersenkung für notleidende Gastronomen – die, womit wir wieder beim Thema sind, aufgrund des Shutdowns auch keine Studierenden mehr beschäftigen können.

 

In ihrem heute erschienenen Newsletter für ihren Bundestags-Wahlkreis wiederholte Anja Karliczek: Alle betroffenen Studierenden "sollen eine kurzfristige Überbrückungshilfe von uns erhalten, indem sie möglichst schnell ein zinsloses Darlehen beantragen können. Gleiches gilt für ausländische Studierende, Studierende im Zweitstudium oder auch Studierende, die die Regelstudienzeit hinter sich gelassen haben. "Auch ihnen solle schnell, wirksam und unbürokratisch geholfen werden. Aktuell sei sie dazu mit dem Deutschen Studentenwerk und Banken im Gespräch "über eine gute Lösung. Uns allen ist klar, dass es jetzt schnell gehen muss."

 

Der letzte Satz ist allerdings so ähnlich schon seit Wochen zu hören, von allen Beteiligten. Und das Gespräch mit den "Banken" und dem Deutschen Studentenwerk läuft nun auch schon etliche Tage. 

 

Forderungen aus der Opposition und auch des Koalitionspartners SPD, statt einem zinslosen Darlehen das BAföG für die Dauer der Krise für die notleidenden Studierenden zu öffnen, wies Karliczek mit dem Hinweis zurück, das würde zu lang dauern, weil dafür eine Gesetzesänderung nötig sei. Doch am längsten dauert der Streit – zumal die SPD betont, sie wäre bereit, die BAföG-Anpassungen schnell durchs Parlament zu bringen. Allerdings käme dann in der BAföG-Logik zum Darlehen auch ein nicht rückzahlbarer Zuschuss – und den will Karliczek nicht. Weil sie fürchtet, ihr könnte eine Besserstellung der Studierenden vorgeworfen werden? Andererseits: So wichtig fand offenbar auch die SPD-Spitze das Thema nicht – zumindest nicht so dringend, um es als Priorität im Koalitionsausschuss durchzusetzen.

 

Die Union streut derweil, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) das für den Zuschuss nötige Geld nicht geben wolle; aus der SPD kommt die Entgegnung, dass nicht Scholz der Blockierer sei, sondern die Haushaltspolitiker in der CDU-/CSU-Fraktion – mit denen sich Karliczek offenbar nicht anlegen wolle.

 

Parallel hat die Ministerin aber die von ihr angekündigte Lösung auch noch nicht durchgezogen. Anfang der Woche war aus ihrem Ministerium noch zu hören, vermutlich schon diese Woche könne sie Vollzug bei der Nothilfe melden. Jetzt ist schon Freitagnachmittag. 



Nachtrag am 24. April, 20.30

 

Der Spiegel berichtet auf seiner Website von einem bemerkenswerten Brief an Bundesbildungsministerin Karliczek und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Absender: Die Jugendorganisationen von CDU, SPD, Grünen und FDP. Die ungewöhnliche Koalition fordert von der Großen Koalition die Öffnung des BAföGs für die Dauer der Krise für alle Studierenden, die wegen der Coronakrise ihre Beschäftigung verloren haben. Also: zinsloses Darlehen und nicht rückzahlbarer Zuschuss.

 

Außerdem, so berichtet der Spiegel weiter, verlangen die Unterzeichner Tilman Kuban (Junge Union), Kevin Kühnert (Jusos), Anna Peters (Grüne Jugend) und Ria Schröder (Junge Liberale), die Bundesregierung müsse sich auch der Azubis und dual Studierender annehmen und für sie ebenfalls in Notfällen die Berufusausfbildungshilfe an den Bafög-Höchstsatz anzupassen und für alle öffnen. "Die Coronakrise trifft die ganze Bevölkerung, doch einer Gruppe ist aus unserer Sicht bei den Sofortmaßnahmen der Bundesregierung bis jetzt zu wenig Beachtung geschenkt worden", zitiert das Nachrichtenmagazin aus dem Brief: "Die jungen Menschen, die sich meist ihr Studium durch Jobs in Bars, Cafés und auf Messen finanzieren sowie diejenigen, die gerade um ihren Ausbildungsplatz bangen müssen." Das von Karliczek vorgeschlagene Darlehen könne "nur ein erster Schritt" sein. 

 

Besonders, dass auch die Junge Union den Brief mitunterzeichnet hat, bedeutet für die CDU-Politikerin Karliczek zusätzlichen Druck. JU-Chef Kuban sagte dem Spiegel: "Die 900 Millionen Euro ungenutzte Bafög-Mittel aus dem vergangenen Jahr sollten wir daher jetzt nutzen", um den Betroffenen Studierenden zu helfen.

 

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