Direkt zum Inhalt

Rolf-Dieter Jungk: Markus Blumes Amtschef soll Staatssekretär bei Doro Bär werden

Der 63-Jährige ist ein ausgewiesener Experte für Forschungspolitik und Bund-Länder-Beziehungen: ein gelungener Griff der neuen Forschungsministerin.
Panoramaansicht des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt

Das alte BMBF wird das neue BMFTR. Foto: Ansgar Koreng / CC BY 3.0 (DE).

BISHER KONNTE MAN so seine Zweifel haben angesichts Doro Bärs Personalauswahl für ihre Hausleitung.

Silke Launert (CSU), vom Beruf Richterin und zuletzt im Ausschuss für Inneres und Heimat und im Haushaltsausschuss aktiv, versuchte vergangene Woche gar nicht erst, die eigene Überraschung über ihre Nominierung zur parlamentarischen Staatssekretärin zu verbergen. "Voraussichtlich werde ich im Wissenschaftsbereich tätig sein – ein Themenfeld, das mir persönlich sehr am Herzen liegt", sagte sie. "Da ich selbst promoviert habe und schon immer eine besondere Vorliebe für wissenschaftliches Arbeiten hatte, freue ich mich umso mehr auf diese Aufgabe."

Und Matthias Hauer (CDU), Launerts Kollege als "Parlamentarischer", ebenfalls Jurist und Experte für Finanzfragen, hatte seine letzte Bundestagsrede zum Thema "Cum-Ex-Geschäfte" gehalten. Beide, Launert wie Hauer, könnten sich am Ende als die richtigen Besetzungen herausstellen, kurzfristig aber sind sie ein Kontrastprogramm zu den beiden parlamentarischen Staatssekretären von Bärs Vor-Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), die nicht verwandten Jens Brandenburg und Mario Brandenburg, die beide als versierte und konzeptionsstarke Fachpolitiker in ihren Job gestartet waren.

Doch nun wird eine Personalie bekannt, die Bärs Entscheidungen in einem anderen Licht erscheinen lässt. Während sie die Posten der parlamentarischen Staatssekretäre offenbar vor allem nach politischer Vernetzung, parlamentarischer Kampferprobtheit und Loyalität vergeben hat, holt die neue BMFTR-Chefin einen Mann als beamteten Staatssekretär ins Haus, der zwar, aus dem bayerischen Landesregierung kommend, auch ein bisschen Stallgeruch hat, vor allem über eine bundesweit anerkannte Expertise verfügt: Rolf-Dieter Jungk, seit 2019 Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.

Der 63 Jahre alte Verwaltungsjurist ging nach seinem Studium 1991 ins bayerische Wirtschaftsministerium, promovierte parallel, und ließ sich zwei Jahre lang beurlauben, um für den Energiekonzern E.ON zu arbeiten. Es folgten von 2001 bis 2016 rund 15 Jahre in der bayerischen Staatskanzlei, wo er als Leiter der Abteilung für Wirtschafts-, Wissenschafts- und Medienpolitik auch intensiv die Arbeit des Forschungsministeriums begleitete. Auch Berlin-Erfahrung hat Jungk: Bevor er 2019 zum Amtschef im Wissenschaftsministerium avancierte, übte er zwei Jahre lang den Job des Bevollmächtigte Bayerns beim Bund aus.

Der damalige bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler rekrutierte ihn dann für sein Haus. Und Markus Blume, der Sibler im Februar 2022 ablöste, war schlau genug, Jungk auf seinem Posten zu belassen.

Im Hintergrund managte er das wohl
einflussreichste Landeswissenschaftsministerium

Der Mann, der jetzt im BMFTR Staatssekretär werden soll, ist keiner, der sich in den Vordergrund spielt, der aber im Hintergrund das wohl einflussreichste Landeswissenschaftsministerium in Deutschland managt: Sein bisheriger Chef Blume ist Koordinator der unionsregierten Länder in der Wissenschaftsministerkonferenz der KMK und Ko-Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern. Das kann noch wichtig werden in Jungks künftiger Funktion, da er als beamteter Staatssekretär im BMFTR die Bund-Länder-Verhandlungen entscheidend mit vorbereiten wird. Mit Kolleginnen und Kollegen auf Länderseite, die er seit vielen Jahren kennt. In der KMK wiederum hat er zusammen mit dem scheidenden Amtschef der Hamburger Bildungsbehörde, Rainer Schulz, die Strukturkommission II geleitet, die den Ministerclub durch seinen Reformprozess gesteuert hat.

Positiv könnte man also sagen: Jungks Seitenwechsel wird der engen Vernetzung der föderalen Ebenen in der Wissenschaftspolitik guttun. Skeptiker werden sich dagegen bestätigt fühlen in ihrer Befürchtung, Doro Bär könnte ihre Aufgabe vorrangig darin sehen, möglichst viele Forschungsgelder Richtung Bayern zu lenken. Doch wer Jungk kennt, der weiß: Für derartige Schiebereien ist er der falsche Mann, viel zu korrekt, genau und – im besten Sinne – beamtig. So könnte er ironischerweise genau zum Garant dafür werden, dass das BMFTR nicht Richtung geografischer Klientelpolitik kippt.

In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sagte Jungk Anfang 2024, auch nach fünf Jahren als Amtschef gebe es eigentlich "in jeder Woche irgendwas, was so ein Magic Moment ist", "irgendwas Besonderes. Man fährt zum Beispiel an eine Hochschule und trifft interessante Menschen, die einem  ein tolles Projekt vorstellen, wo man sich denkt, wow, das bringt uns wirklich weiter. Man geht in eine Opernpremiere und denkt sich, so toll habe ich das nie gehört. Oder man führt Gespräche, wo man den Eindruck hat, jetzt sind wir das erste Mal soweit, dass wir wirklich das Problem nicht nur durchdrungen haben, sondern gemeinschaftlich und gemeinsam zu einer Sicht auf die Dinge gekommen sind, die die Voraussetzung dafür ist, dass wir ein Problem jetzt nicht mehr hinlegen, sondern wirklich die Möglichkeit haben, es jetzt zu ändern."

Offiziell sind die Berufungen der beiden neuen beamteten Staatssekretäre im BMFTR noch nicht, doch dass es neben Jungk Marcus Pleyer werden soll, ein früherer Wolfgang Schäuble-Vertrauter und langjährigen Unterabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, zuständig unter anderem für internationale Finanzmärkte, war schon vorher durchgesickert. Damit ist auch die Arbeitsteilung zwischen Pleyer und Jungk klar: Der Bundesregierung-erfahrene Pleyer dürfte Amtschef werden, verantwortlich unter anderem für die Leitungs-, Zentralabteilung und Grundsatzabteilung, während Jungk fürs Inhaltlich-Konzeptionelle zuständig sein würde vor allem in der Forschungs- und Technologiepolitik.

Fest steht bereits: Mit Doro Bär, Silke Launert und Rolf-Dieter Jungk werden drei der fünf Mitglieder der BMFTR-Hausleitung aus dem Freistaat stammen. Bär und Launert aus Franken, Jungk aus der Oberpfalz. Erstaunlicherweise nicht vertreten ist das sonst in Bayern übermächtige Oberbayern. Aber der bayerische Ministerpräsident ist ja auch Franke.

>
<section id=

Neuen Kommentar hinzufügen

Ihr E-Mail Adresse (wird nicht veröffentlicht, aber für Rückfragen erforderlich)
Ich bin kein Roboter
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.

Vorherige Beiträge in dieser Kategorie


  • Dorothee Bär und andere Personen beim Zocken auf der Gamescom 2018.

Dorothee Bär: Zukunft auf Sichtflug

Eine Digitalpolitikerin wird Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Sie könnte in ihrem neuen Amt grandios scheitern – oder aber wirklich etwas bewegen.


  • Innenaufnahme in der Kuppel des Berliner Reichstagsgebäudes.

"Wir können nicht vorhersagen, ob die Demokratie hält"

Deutschland steckt im Strudel globaler Krisen und Konflikte. Rechtspopulisten freuen sich über wachsenden Zuspruch. Und von der neuen Bundesregierung werden schnelle Lösungen erwartet. Ein Gespräch zwischen dem Soziologen Steffen Mau und Georg Schütte von der Volkswagenstiftung über das Ende der "Schönwetterdemokratie" und den Aufbruch ins Ungewisse.


  • Screenshot von der BMBF-Website zum Jubiläum des Paktes für Forschung und Innovation.

Wieviel Kontrolle verträgt Wissenschaft?

Milliarden fließen jährlich an Fraunhofer, die Max-Planck-Gesellschaft und Co. Das Zauberwort heißt seit 2005: Pakt für Forschung und Innovation. Aber tun die Forschungseinrichtungen genug für all das Steuergeld?


Nachfolgende Beiträge in dieser Kategorie


  • Screenshot der Startseite des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt

Raumfahrtträume und Reformdruck

Mit Lego-Raumschiff ins Amt, mit DFG-Pauschale, Exzellenzstrategie und Hochschulsanierung in den Alltag: Was Doro Bärs Ministerium jetzt wirklich leisten muss.


  • Online-Screenshots der Köpfe von Wolfgang Wick (links) und Ferdi Schüth (rechts), Montage..

Wissenschaftssicherheit ohne Schreckreaktion

Wie Spionagegefahren, geopolitische Risiken und die Debatte über Dual Use den wissenschaftlichen Austausch bedrohen – und was der Wissenschaftsrat zur Lösung vorschlägt.


  • Porträtfoto von Falko Mohrs, auf einer Treppe sitzend

"Raumfahrt ist kein bayerisches Projekt"

Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs über seine Rolle als neuer GWK-Vorsitzender, die Zusammenarbeit mit Dorothee Bär, Prioritäten in der Forschungspolitik – und warum Niedersachsen mehr als nur VW-Sonderdividenden kann.