Direkt zum Inhalt

Bitte kein Hochglanzgremium

Was vom heute erstmals tagenden "Forum Zukunftsstrategie" zu erwarten ist.

DAS BMBF HAT die Besetzung des 21-köpfigen "Forums Zukunftsstrategie" bekanntgegeben, das sich am heutigen Donnerstag konstituieren und die Bundesregierung bei der Umsetzung der Zukunftsstrategie begleiten soll. Für mich ist die Zusammensetzung des Gremiums ein gutes Zeichen: Zwölf der 21 Mitglieder sind Wissenschaftler:innen, wie mein Kollege Manfred Ronzheimer für den Tagesspiegel Background berichtete, sechs aus Universitäten, sechs aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dazu fünf aus der Wirtschaft, vier aus der Zivilgesellschaft.

Einige mögen hier zu wenig Unternehmertum und zu viel Academia erkennen, ich nicht. Für den – notwendigen – Aktionismus ist gesorgt (der BDI forderte schon mal "Speedboot-Missionen"). Doch den gab es auch schon beim Vorgängergremium Hightech-Forum, trotzdem ist außer viel Papierproduktion wenig passiert. Eine erfolgversprechende Begleitung, sollte sie diesmal gelingen, wird sich vor allem durch konzeptionelle Schärfe und Systemverständnis auszeichnen.

Und genau dafür stehen viele der Namen, die jeweils zu dritt den sechs Zukunftstrategie-Missionen zugeteilt wurden: von Ottmar Edenhofer (Mission III: Klimaschutz, Klimaanpassung, Ernährungssicherheit, Biodiversität) über Irene Bertschek (Mission IV: Digitale und technologische Souveränität) und Antje Boetius (Mission V: Raumfahrt stärken; Weltraum und Meere schützen) bis hin zu Andreas Zick (Mission VI: Gesellschaftliche Resilienz, Vielfalt und Zusammenhalt stärken). Auch die Besetzung des dreiköpfigen Vorstands mit der Politologin Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, BDI-Präsident Siegfried Russwurm und Wolfgang Rohe, Vorstand der Stiftung Mercator, passt.

Das Hightech-Forum hatten der damalige BMBF-Staatssekretär Christian Luft und Ex-Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer geführt. Angesichts dessen mauer Ausbeute sehr zu loben, aber auch ohne realistische Alternative: dass sich die Politik aus dem "Forum Zukunftsstrategie" komplett heraushält. Und dass es trotz der Erfahrungen des Hightech-Forums erneut genug Hochkaräter aus Wissenschaft und Wirtschaft gibt, die überhaupt noch Lust haben mitzumachen. Die Erwartung ist klar: Statt politischer Reden, großer Gesten und Funktionärs-Pingpong muss es diesmal um konkrete, umsetzungsnahe Analysen gehen. Und um die Bereitschaft der Politik, diese dann auch in ihrem Handeln zu beherzigen. Hochglanzgremien gibt es genug.

Dieser Kommentar erschien zuerst in meinem Newsletter.

Kommentare

#1 -

Roman Held | So., 24.09.2023 - 19:20
Bemerkenswert ist, dass weder ein hochrangiger Vertreter der Fraunhofer Gesellschaft oder der Helmholtzgemeinschaft, wenn doch auch der Transfer und die angewandte Forschung eine wesentliche Säule in dem Strategiedokument des BMBF ist, auf der Liste zu finden ist. Das sind Kernelemente beider Organisationen, die somit unzureichend in der aktuellen Besetzung des Gremiums abgebildet werden. Sollten die Gründe der Ministerin was Fraunhofer betrifft u.a. in den derzeitigen staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen die Ex-Vorstände liegen, was zu vermuten ist, sollte im Hinblick auf die hervorragende Reputation u.a. bei Transfer und Aus- und Weiterbildung auch für die deutsche Wirtschaft bspw. durch die Fraunhofer Academy beider Organisationen auf operativer und inhaltlicher Ebene diese Entscheidung überdacht werden. Das Ansehen von Fraunhofer in Deutschland sollte nicht weiter beschädigt werden. Vielmehr dem neuen Präsidenten eine reelle Chance gegeben werden verlorenes Vertrauen wieder herzustellen. Die knapp 31000 Mitarbeitenden werden es danken und haben genau das verdient..

Neuen Kommentar hinzufügen

Ihr E-Mail Adresse (wird nicht veröffentlicht, aber für Rückfragen erforderlich)
Ich bin kein Roboter
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.

Vorherige Beiträge in dieser Kategorie


  • Am Rande der Armutsgefährdungsschwelle

Am Rande der Armutsgefährdungsschwelle

Promotionsstipendiaten der Begabtenförderungswerke wenden sich in einem Brandbrief an Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger: Die versprochene Erhöhung der Fördersätze sei unzureichend, es brauche weitreichende Reformen und eine angemessene Finanzierung.


  • allgemeines Artikelbild - Der Wiarda Blog

Staatsanwaltschaft bestätigt Ausweitung der Fraunhofer-Ermittlungen

"Anfangsverdacht der Untreue" nun gegen Ex-Präsident Neugebauer und zwei weitere frühere Vorstandskollegen persönlich: Die Vorwürfe reichen von überhöhten Spesenabrechnungen über die Ausgaben für Begleitpersonen bis hin zu einem Beratervertrag  mit "ganz erheblich" einseitiger Benachteiligung der Fraunhofer-Gesellschaft.


  • Wir gehen unseren eigenen Weg. Den Hamburg Style halt

Wir gehen unseren eigenen Weg. Den Hamburg Style halt

Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank über Hamburgs Aufstieg als Wissenschaftsmetropole, den vermissten Spirit der Ampel-Koalition, die Chancen der grünen Gentechnik – und eine neue Hamburger Wissenschaftskonferenz, die Weltrang bekommen soll.


Nachfolgende Beiträge in dieser Kategorie


  • Spezielles Näheverhältnis

Spezielles Näheverhältnis

Warum konnte die mutmaßliche Steuergeld-Verschwendung in einer der wichtigsten Forschungsorganisationen Deutschlands so lange unbehelligt weiterlaufen? Eine Recherche über den Wert persönlicher Kontakte, Bundestagsabgeordnete im Fraunhofer-Senat – und die Frage, ob sie da überhaupt hineingehören.


  • Artikelbild: Eine Wissenschaftsdiplomatie, die sich von keiner Regierung einspannen lässt

Eine Wissenschaftsdiplomatie, die sich von keiner Regierung einspannen lässt

Muss Deutschlands Wissenschaft ihre Beziehungen mit China neu austarieren? Der Südafrikaner Daya Reddy ist Vorsitzender des Internationalen Beirats der Humboldt-Stiftung. Wie blickt er auf die deutsche Debatte? Ein Interview.


  • Wenn dann jemand entscheidet, unseren Bedingungen nicht entsprechen zu können, hilft das zur Klärung

Wenn dann jemand entscheidet, unseren Bedingungen nicht entsprechen zu können, hilft das zur Klärung

Die "VolkswagenStiftung" reagiert auf eine Studie zu veränderten Wissenschaftskulturen und zieht Konsequenzen für ihr Fördergeschäft. Ein Interview über mehr Gerechtigkeit auf dem akademischen Arbeitsmarkt, neue Forderungen an Antragsteller und ein Hinterfragen geltender Bewertungssysteme.