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Die SPD hat sich durchgesetzt. Die Union auch.

Die Koalitionsvereinbarung zu Bildung und Forschung ist so stark, dass sogar einige ärgerliche Schwächen in den Hintergrund treten. Gewinner ist nicht eine Partei, sondern die Bildungspolitik insgesamt.

Blick nach oben: Hier im Willy-Brandt-Haus haben die Unterhändler von SPD und Union ihr Kapitel zur Bildung fertiggestellt. Pascal Volk: "Willy-Brandt-Haus 2017-11-26 [1/2]", CC BY-SA 2.0

EINS VORWEG: So durchwachsen die Koalitionsvereinbarung von Union und SPD in einigen anderen Kapiteln ausfallen mag, die Unterhändler der Arbeitsgruppe "Bildung und Forschung“ verdienen eindeutig Anerkennung. Das finden sie auch selber. AG-Kochefin Manuela Schwesig (SPD) spricht von einem "Meilenstein", ihr Kollege Hubertus Heil (ebenfalls SPD) von einem "Durchbruch". Große Worte. 

 

Ohne Zweifel aber ist es "ein gutes Papier“, wie Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer etwas nüchterner twitterte. Und einzelne bemerkenswerte "Durchbrüche" sind in dem 438 Zeilen langen Kapitel in jedem Fall enthalten. Die Verstetigung des Hochschulpaktes etwa, die angekündigte pragmatische Verfassungsänderung zur Bund-Länder-Zusammenarbeit in der Bildung (und nein: Das ist nicht der Totalwegfall des Kooperationsverbots). Oder dass der auf Eis gelegte Digitalpakt für die Schulen jetzt endlich kommen soll und – so die Länder mitspielen, was keinesfalls sicher ist – sogar ein Nationaler Bildungsrat. >>



>> Über die gleichwohl vorhandenen Schwächen der Vereinbarung sei deshalb hier hinweggesehen: darüber zum Beispiel, dass Union und SPD mit ihrem Kitaprogramm auch die Gebühren subventionieren wollen und so auch Gutverdiener entlasten, anstatt, womit sie der Bildungsgerechtigkeit viel stärker helfen würden, die ganzen 3,5 Milliarden in die dringend nötigen Qualitätsverbesserungen zu investieren (weshalb der Plan wohl auch im Familien- und nicht im Bildungskapitel steht). Oder über das Ärgernis, dass die möglichen Koalitionspartner mit großer Geste ankündigen, bis 2025 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Forschung und Entwicklung ausgeben zu wollen, aber das große Ziel mit mickrig-unzureichenden zwei Milliarden Euro auf vier Jahre unterlegen.

 

Der besonders bei den Sozialdemokraten auffällig laut vorgetragene Enthusiasmus über die Vereinbarung hat insofern mindestens zwei Gründe. Erstens haben sie tatsächlich viel von ihren Bildungsforderungen erreichen (oder wie sie selbst sagen würden: "durchsetzen") können. Was indes längst nicht in allen Fällen schwierig war, denn selbst gegen die Aufweichung des Kooperationsverbots gab es in der Union längst keine einhellige Ablehnungsfront mehr und die Priorität "Bildung und Forschung“ trägt die Union genauso vor sich her. Zweitens, und das ist natürlich der entscheidende Grund, gilt es, die Skeptiker der angebahnten Koalition vor dem SPD-Mitgliedervotum mit Erfolgen zu beeindrucken. Hoffentlich klappt das. Denn, und hier hat der SPD-Routinier Jürgen Zöllner Recht: "Dieser Teil allein würde für die SPD eine große Koalition rechtfertigen." Kleine Ergänzung: Für die Union übrigens auch.  

 

Dieser Kommentar erschien heute zuerst im ZEITChancenBrief.

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