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BMBF verschiebt laut Kultusministern Digitalpakt-Verhandlungen

Der neue Staatssekretär müsse sich offenbar erst einarbeiten, sagen die Kultusminister und reagieren gereizt. Bundesministerin Karliczek hält dagegen. Verzögern sich auch die Verhandlungen zu den Wissenschaftspakten?

DIE BUND-LÄNDER-VERHANDLUNGEN um den Digitalpakt verzögern sich weiter. Mehrere Kultusministerien berichten, eine für den 13. September anberaumte Amtchefsrunde sei verschoben worden – nach ihrer Darstellung auf Wunsch des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Hintergrund seien offenbar die personellen Veränderungen im Haus. Der neue Staatssekretär Christian Luft hat sein Amt offiziell noch nicht angetreten. Luft müsse sich erst einarbeiten, sei ihnen aus dem BMBF signalisiert worden, berichten die Kultusminister, insofern ergebe laut Bundesbildungsministerium eine Verhandlungsrunde auf Staatssekretärsebene zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn.

 

Das BMBF weist die Darstellung der Länder jedoch zurück. Der 13. September sei als Termin nie fest vereinbart gewesen.

 

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, der die SPD-geführten Kultusministerien koordiniert, äußerte sich besorgt. "Ich kann zwar verstehen, dass ein neuer Staatssekretär sich erst einarbeiten muss, aber wir haben nicht viel Zeit, und es muss schon schnell gehen."

 

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte im Juni den Kultusministern gegenüber bekräftigt, die Förderung aus dem Digitalpakt Anfang 2019 starten zu wollen.

 

Dieses Ziel, sagt Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (ebenfalls CDU), rücke nun in immer weitere Ferne. Eisenmann ist Sprecherin der von CDU/CSU-geführten Bildungsministerien. Die Länder, sagt Eisenmann, warteten immer noch darauf, dass die Gespräche zu den Details der Förderung endlich vorangingen. "Wir wissen nicht, was genau der Bund will", fügt Eisenmann hinzu. "Was wir merken: dass das Ziel von Ministerin Karliczek, ab 1. Januar auszuzahlen, immer unwahrscheinlicher wird. Und das hat sich allein der Bund zuzuschreiben." Was die Verhandlungen mit dem Bund angehe, "stehen wir im Grunde noch genau da, wo wir vor über einem Jahr standen."

 

Damit spielt Eisenmann auf die im Juni 2017 von der Kultusministerkonferenz (KMK) verabschiedeten Eckpunkte zum Digitalpakt an, die Karliczeks Vorgängerin Wanka nie offiziell anerkannt hatte. Diesen Juni hatte Karliczek bei ihrem Treffen mit den Kultusministern signalisiert, die Eckpunkte bildeten die "Grundlage" der geplanten Bund-Länder-Verhandlungen.

 

Anja Karliczek sagte auf Anfrage, sie sei überrascht über die Kritik der Länder an dem Verfahren. "Es hat gerade konstruktive Verhandlungen auf Ebene der Abteilungsleiter und Amtschefs gegeben. Der Bund hat einen vollständigen Entwurf für eine Bund-Länder-Vereinbarung wie verabredet Anfang August vorgelegt." Man habe verabredet, dass die Länder sich dazu als nächstes gemeinsam schriftlich positionieren würde. Diese Stellungnahme liege dem BMBF bislang nicht vor, sagt Karliczek und spielt im Terminstreit den Ball zurück an die Länder: "Sobald wir diese Positionierung erhalten haben, werden die Verhandlungen zügig weitergeführt." 

 

Auch Eisenmanns SPD-Kollege Rabe sieht den Verhandlungsstand etwas optimistischer. Auf Arbeitsebene seien viele Detailfragen tatsächlich geklärt, es fehle allerdings die Festschreibung auf Amtschefebene. 

 

Dafür macht der Hamburger Bildungssenator ein weiteres Problem aus. Laut Koalitionsvertrag muss zuerst das Grundgesetz geändert werden, um auf der Basis dann den Digitalpakt zu beschließen. Dazu braucht die Koalition jedoch Unterstützung aus der Opposition. Vor wenigen Tagen haben nun FDP und Grüne ihre Forderungen vorgelegt: Sie wollen eine noch weitergehende Öffnung der Bund-Länder-Zusammenarbeit in der Bildung, schrieben ihre Parteichefs in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Der Personalwechsel im BMBF und die unvorhersehbaren Schwierigkeiten bei der Grundgesetz-Änderung lassen den Digitalpakt wackeln, das macht mir Sorge", sagt Rabe.

 

Bundesministerin Karliczek bekräftigte, dass es erst nach der Änderung des Grundgesetzes möglich sei, die Bund-Länder-Vereinbarung abzuschließen, die Arbeiten dazu liefen aber parallel zu den Digitalpakt-Verhandlungen. 

 

Baden-Württembergs Kultusministerin hält demgegenüber die Grundgesetzänderung für den Digitalpakt gar nicht erst für nötig, die bremse nur. Auf der Grundlage der 2017 verhandelten Eckpunkte und dem bestehenden Grundgesetzartikel 91c gebe es einen Weg, über den schon heute ausgezahlt werden könnte, sagte Eisenmann.

 

Die Staatssekretärs-Verhandlungsrunde zum Digitalpakt soll nun voraussichtlich in vier Wochen stattfinden.

 

Der Zeitdruck steigt auch bei den Verhandlungen um die Wissenschaftspakte

 

Angesichts des Hin und Hers um die Digitalpakt-Termine wächst derweil auch in den Landeswissenschaftsministerien die Nervosität. Die Staatssekretärs-Arbeitsgruppe der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern hatte schon im August ohne BMBF-Staatssekretär tagen müssen, am 21. September steht die nächste Sitzung an. Sie soll eigentlich den Beginn der heißen Phase in den Verhandlungen um den Hochschulpakt markieren. Allerdings ist das FH-Personalprogramm, das die Amtschefs eigentlich in ihrer August-Sitzung finalisieren wollten, ebenfalls noch nicht zu Ende besprochen. So beginnen sich die Verhandlungsthemen langsam zu stauen. 

 

Denn auch in Sachen Hochschulpakt-Nachfolge sollen bis Ende des Jahres erste Eckpunkte vorliegen, ebenso zum Qualitätspakt Lehre. Gleichzeitig soll die Fortsetzung des Paktes für Forschung und Innovation (PFI) verhandelt werden, zu dessen künftigen Zielen und Finanzmodalitäten wollen die Wissenschaftsminister bei ihrem GWK-Treffen im November schon konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen haben – die dafür vorher auch noch von den Staatssekretären begutachtet werden müssen.

 

Kein Wunder, dass die Länder sich sorgen. Im April hatte die GWK in einer Pressemitteilung selbst von einer "straffen Zeitplanung" gesprochen – und das war vor dem Abgang der erfahrenen und langjährigen BMBF-Amtschefin Cornelia Quennet-Thielen.

 

Im April 2019 wollen die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern die GWK-Vereinbarungen finalisieren, um sie rechtzeitig zu deren Junisitzung den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin zum Beschluss vorlegen zu können. 


Anmerkung: Der vorliegende Text wurde aktualisiert, nachdem sich auch Bundesministerin Karliczek öffentlich geäußert hat.

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Kommentare: 2
  • #1

    Klaus Hekking (Donnerstag, 06 September 2018 07:05)

    Der Bundesbildungsministerin ist sehr zu raten, dass sie beim Digitalpakt genau hinschaut, bevor sie den Geldbeutel aufmacht. Nach den gescheiterten Digitalisierungsprojekten in NRW und Baden-Württemberg, sind doch erhebliche Zweifel angebracht, ob die Länder derzeit überhaupt schon in der Lage sind, solche komplexen Projekte überhaupt effizient umzusetzen und das Geld der Steuerzahler sinnvoll auszugeben

  • #2

    Uwe (Donnerstag, 06 September 2018 12:20)

    Genau, Klaus Hekking. Die Länder werden garantiert versuchen, ihre offenen Baustellen (Personal, bzw. externe Berater, damit es Sachkosten sind, WLAN und Tabletts) ohne Ende anschaffen. Ist das Geld versenkt, fragt man die Lehrer, was sie damit machen wollen. Ha ha und nach 4-5 Jahren ist das Geld alle aber die ganze Technik veraltert. Wer ersetzt sie? Die Länder haben kein Geld. Bund zahlt mit DigitalPakt II?? Soli bleibt bestehen, damit für Bildung Geld da ist?
    Wer sagt eigentlich, dass mit dem ganzen Digitalen Gedöns die Schüler besser lernen, als wir vor 30,40 oder 50 Jahren?
    Die Geldausgaben werden immer höher, aber sinkt das Bildungsniveau nicht kontinuierlich?