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Brodkorb geht

Mecklenburg-Vorpommerns schillernder Finanzminister und Ex-Wissenschaftsminister hat keine Lust mehr auf seine Regierungschefin. Bis zuletzt hatte er engagiert in der Wissenschaftspolitik mitgemischt.

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Artikelbild: Brodkorb geht

Foto: Ralf Roletschek / GFDL 1.2

MATHIAS BRODKORB ist gestern vom Amt des Finanzministers von Mecklenburg-Vorpommern zurückgetreten. Es sei nicht gelungen, zwischen ihm und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen, sagte Brodkorb. Er wolle Platz machen für jemanden, der besser ins Kabinett passe.

Damit verlässt einer der auffälligsten, umstrittensten, aber auch fähigsten Landespolitiker die politische Bühne. Nicht so ganz freilich, weil der 42-Jährige Landtagsabgeordneter bleibt, aber die Karriere des immer noch jungen SPD-Politikers, der noch vor wenigen Jahren als nächster Ministerpräsident gehandelt wurde, bekommt einen empfindlichen Knick.

Auch aus Wissenschaftssicht ist der Rücktritt bemerkenswert. Brodkorb war von 2011 bis 2016 Landesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur und positionierte sich in der Kultusministerkonferenz als entschiedener Kritiker der Bologna-Studienreform und als Gegner der Akkreditierung. Was ihm im Kreis seiner Kollegen immer wieder Ärger, in Teilen der Professorenschaft und beim Deutschen Hochschulverband dafür teilweise emphatische Unterstützung einbrachte. Jetzt geht dem Anti-Bologna-Lager eine starke Stimme verloren.

Zuletzt galt Brodkorb als Kopf hinter dem (bislang nicht umgesetzten) Plan der rot-schwarzen Landesregierung, die Hochschulen Mecklenburg-Vorpommerns von der Akkreditierungspflicht zu entbinden. Denn auch nachdem er ins Finanzressort gewechselt war, mischte er sich im Hintergrund immer wieder in die Wissenschaftspolitik ein. So fiel er bei der Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) im vergangenen November auf, an der er – extrem ungewöhnlich für das Gremium – teilnahm und dann über den aus seiner Sicht zu teuren Länderanteil schimpfte.

Brodkorbs Abtritt kommt angesichts seiner anhaltenden Differenzen mit Schwesig nicht überraschend. Der Zeitpunkt hingegen schon. Er sei damit einer bevorstehenden Kabinettsumbildung zuvorgekommen, tuscheln manche. Wer Brodkorb seit längerem beobachtet, weiß allerdings, das der hochintelligente Mann, der sich wie kein zweiter in Details und Zahlen einarbeiten kann, durchaus zu kurzfristigen und einsamen Entscheidungen neigt. Mit ausschlaggebend war in jedem Fall, dass Schwesig ihm einen neuen Staatssekretär vor die Nase gesetzt hatte.

Wie eilig die Sache für Brodkorb gewesen sein muss, lässt sich auch daran erkennen, dass sein Abtritt nur vier Tage vor der entscheidenden GWK-Sitzung um die Wissenschaftspakte kam. Normalerweise hätte sich ein Mathias Brodkorb so eine Gelegenheit, der Wissenschaftspolitik in Land und Bund seinen Stempel mit aufzudrücken, nicht entgehen lassen. So hinterlässt er in jedem Fall eine Lücke im politischen Tagesgeschehen: Es wird merklich langweiliger ohne ihn. Was man bei aller Kritik, die auch ich in der Vergangenheit an ihm geübt habe, durchaus als Kompliment verstehen darf.

Kommentare

#1 -

PB | Di., 30.04.2019 - 23:12
Chapeau Herr Brodkorb! Ich werde ihn allerdings als sehr klugen und streitbaren Geist vermissen. Ein paar mehr in seiner Liga stünden der schwächelnden SPD sehr gut ins Gesicht. Frau Schwesig scheint gar nicht zu wissen, was ihr an Herrn Brodkorb verloren geht. Ich würde mich sehr freuen, wenn man ihn nach der Wahl im nächsten Jahr in ein M-V-nahes Bundesland ins Kabinett berufen würde!

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