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Zehn Jahre Willkommenskultur: Zahlen, Fakten – und ein paar Mutmacher

Zehn Jahre nach "Wir schaffen das": Von Schulen über Hochschulen bis zum Arbeitsmarkt – aktuelle Daten zeigen, wo Integration gelingt, wo Potenziale verschenkt werden und welche Mythen die Debatte über Geflüchtete noch immer verzerren.
Komposition aus fuenf bunten Haenden aus Papier vor schwarzem Hintergrund.

Bild: freepik.

IN MEINER SERIE "Zehn Jahre danach: Was aus der Willkommenskultur wurde" habe ich auf frühere Interviews, Analysen und Kommentare zurückgeblickt – über geflüchtete Lehrerinnen, über Studien zur Integration von Kindern und Jugendlichen, über Kitas und Schulen, die weit mehr leisteten, als viele erwartet hatten, und über den Appell nach Beginn des Ukraine-Krieges: "Bereitet die Schulen vor!" Spätestens 2024 zeigte sich: Die eigentliche Krise war nicht die Migration selbst, sondern die Art, wie Politik und Öffentlichkeit über sie sprachen – oft auf der Grundlage unzureichender Fakten.

Ein Beispiel: CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kritisierte im Sommer: "Seit 2015 sind 6,5 Millionen Menschen zu uns gekommen und weniger als die Hälfte ist heute in Arbeit – ich finde das, gelinde gesagt, nicht zufriedenstellend." Doch die Zahlen zeigen eine andere, differenzierte Realität zum Beschäftigungsstand. Und wie sieht es aus mit dem Spracherwerb in den Schulen? Wie viele Geflüchtete sind an den Hochschulen angekommen? Wie viele arbeiten als Lehrkräfte oder Ärzte? Und wie verändern ausländische Jugendliche den Ausbildungsmarkt? Eine Bilanz in Fragen und Antworten.


Schattenriss von Fluechtlingen vor gelbem Hintergrund.

Zehn Jahre danach

Was aus der Willkommenskultur wurde. 
Eine Serie in fünf Teilen. >>>

Haben die Willkommensklassen funktioniert?

Die Idee klang plausibel: ein geschützter Einstieg in die deutsche Sprache. Doch Untersuchungen zeigen, dass geflüchtete Kinder bessere Ergebnisse erzielen, wenn sie möglichst schnell in reguläre Schulklassen integriert werden. Darauf verweist eine aktuelle Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Daten von 1.097 Jugendlichen aus dem Geflüchteten-Panel ReGES ausgewertet hat. Demnach gelingt es Willkommensklassen nicht, die erhofften sprachlichen Rückstände auszugleichen.

"Wir haben festgestellt, dass ehemalige Schülerinnen und Schüler von Willkommensklassen auch Jahre später noch geringere Sprachkenntnisse als jene Flüchtlinge haben, die von Anfang an Regelklassen besuchten. In den Vorbereitungsklassen gelingt es offenbar nicht ausreichend, Anfangsunterschiede beim Sprachniveau auszugleichen", sagt Studienleiter Oliver Winkler laut Pressemitteilung. Besonders problematisch seien zudem die langen Wartezeiten bis zur Einschulung: "Schulpflichtige Flüchtlingskinder warten oft deutlich länger als ein halbes Jahr – in dieser Zeit haben sie keinen Kontakt zu deutschsprachigen Mitschülerinnen und Mitschülern."

Bereits 2022 hatten Forscherinnen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) auf Basis von Hamburger Daten ein ähnliches Ergebnis veröffentlicht. Demnach schnitten Kinder, die zunächst in Vorbereitungsklassen unterrichtet wurden, in der fünften Klasse in Deutsch und Mathematik spürbar schlechter ab als Kinder, die sofort in eine Regelklasse integriert wurden – ein statistisch signifikantes Ergebnis. Auch der Übergang aufs Gymnasium gelang den direkt Integrierten häufiger.

Die Evidenz beider Studien deutet damit in die gleiche Richtung: Segregierende Willkommens- oder Vorbereitungsklassen bremsen die Integration eher, als dass sie sie fördern. Entscheidend ist nicht das "Sprachlernen im Schonraum", sondern der frühzeitige Kontakt zu Mitschüler:innen und der kontinuierliche Zugang zum Fachunterricht.

Trotzdem sind Willkommens- und Vorbereitungsklassen immer noch weit verbreitet in Deutschland – wie verbreitet, dazu fehlen bundesweite Statistiken – und jedes Land erfasst anders. Doch die Einzelmeldungen zeigen die Größenordnungen: In Berlin lernten im Dezember 2023 rund 11.300 Schülerinnen und Schüler in 894 Willkommensklassen, Hamburg meldete Anfang 2023 insgesamt 494 Internationale Vorbereitungsklassen an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, verzeichnete bis 2024 aber bereits einen Rückgang um fast ein Drittel – was aber wohl vor allem daran lag, dass die Zahl der Geflüchteten rückläufig war.

Wie groß ist das Potenzial geflüchteter Lehrkräfte – und warum wird es kaum gehoben?

Es ist groß – und bleibt ungenutzt. Laut einer Sonderauswertung des Mikrozensus 2023 durch den Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) sind zwischen 2008 und 2023 136.000 Menschen mit im Ausland erworbener pädagogischer Qualifikation nach Deutschland eingewandert, darunter auch viele mit Fluchthintergrund. Doch nur 9,2 Prozent der im Ausland qualifizierten Lehrkräfte arbeiten tatsächlich in ihrem Beruf an Schulen, bei frühpädagogischen Fachkräften in Kitas liegt die Quote bei 18,4 Prozent.

Der SVR spricht von "verborgenen Potenzialen" und beziffert das sofort aktivierbare Reservoir auf 40.000 Personen. "Zugewanderte pädagogische Fachkräfte könnten die Fachkräftelücke im Bildungsbereich schließen, scheitern aber häufig an dem komplizierten Anerkennungssystem und weiteren Hürden", heißt es im SVR-Policy Brief.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) teilt mit, sie erhebe selbst keine gesonderte Statistik zur Zahl von Lehrkräften mit Fluchterfahrung. Doch der Bildungsbericht 2024 macht die Dimension des Problems deutlich. Im Jahr 2022 wurden in den Bundesländern gerade einmal 2.643 Antragsverfahren auf Anerkennung ausländischer Lehramtsabschlüsse abgeschlossen – und nur 14 Prozent erhielten die volle Gleichwertigkeit bescheinigt. Rund zwei Drittel wurden an Ausgleichsmaßnahmen geknüpft – die von einer einzelnen Prüfung bis zu mehrjährigen, oft unvergüteten Lehrgängen reichen können.

Auch zur Zahl ukrainischer Lehrkräfte an deutschen Schulen existiert bislang keine bundesweite Statistik, und selbst die Länderzahlen sind von stark unterschiedlicher Qualität und Aktualität. So meldete Sachsen im Frühjahr 2024 rund 650 ukrainische Lehr- und Assistenzkräfte, Berlin bereits im Herbst 2022 knapp 80 und Nordrhein-Westfalen im Mai desselben Jahres 61. Das Deutsche Schulportal hat 2023 eine Übersicht mit allen Ländern veröffentlicht, wonach zu dem Zeitpunkt etwa in Bayern rund 600 ukrainische Lehrkräfte gezählt wurden.

Allgemein gilt: Das Potenzial zehntausender qualifizierter Lehrkräfte mit Fluchthintergrund wird weiter verschenkt. Initiativen wie das "Refugee Teachers Program" oder "Lehrkräfte PLUS" sollen den Einstieg erleichtern. Doch zentrale Hürden wie die Pflicht zu zwei Fächern, extrem hohe Sprachstandards und lange, komplizierte Verfahren bleiben bestehen.

"Der im Vergleich mit anderen landesrechtlich reglementierten Berufen geringe Anteil der als voll gleichwertig beurteilten Qualifikationen deutet sowohl auf ungenutztes Potenzial für die Gewinnung qualifizierter Lehrkräfte hin als auch auf hohe Hürden für zugewanderte Lehrer:innen, eine Tätigkeit im Schuldienst aufzunehmen", kommentiert der Bildungsbericht.


Schaubild zu Potenzial paedagogische Lehrkraefte mit auslaendischem Abschluss.

Wie viele Geflüchtete haben es an die Hochschulen geschafft?

Die Erwartungen waren hoch. Der Hochschul-Bildungs-Report des Stifterverbandes prognostizierte 2017 rund 40.000 Geflüchtete bis 2020. Und nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022 erwartete der Deutsche Akademische Austauschdienst bis zu 100.000 ukrainische Studierende und Wissenschaftler:innen an deutschen Hochschulen.

Doch die realen Zahlen entwickelten sich anders. Die erste Schätzung sei in einer Phase entstanden, "in der viele in Deutschland annahmen, Russland würde die Ukraine in wenigen Monaten überrollen. Dank des zähen Widerstands der Ukraine kam es bekanntermaßen anders", sagt DAAD-Sprecher Michael Flacke. "Entsprechend haben sich auch die Studierendenzahlen anders entwickelt."

Auffällig war der sprunghafte Anstieg zwischen Wintersemester 2021/22 und 2022/23 – von rund 6.000 auf 9.000 ukrainische Studierende. Inzwischen, im Wintersemester 2024/25, liegt ihre Zahl laut Statistischem Bundesamt bei 12.716.

Abiturientinnen und Abiturienten aus der Ukraine kämen grundsätzlich mit Verzögerung an den Hochschulen an, sagt Flacke. Sie müssten zuerst ein Jahr an einem Studienkolleg absolvieren, damit ihr Schulabschluss als Hochschulzugang anerkannt wird. Für die Zukunft zeichne sich ein neuer Trend ab. "Ukrainische Schülerinnen und Schüler, die in Deutschland das Abitur ablegen, gelten nicht mehr als internationale Studierende, sondern als Bildungsinländer. Sie tauchen in den DAAD-Statistiken nicht mehr auf, stellen aber künftig erwartbar eine wachsende Gruppe dar."

Die Kultusministerkonferenz erhebt regelmäßig die Zahl der ukrainischen Schülerinnen und Schüler in Deutschland – im Sommer 2025 waren es fast 230.000.

Auch bei syrischen Studierenden zeigen sich deutliche Spuren der Fluchtbewegung. "Der große Anstieg erfolgte hier zwischen dem Wintersemester 2017/18 und 2018/19 – von 8.500 auf 13.000 Studierende", sagt DAAD-Mann Flacke. Die größten Herausforderungen lägen neben der gesellschaftlichen Integration vor allem im Spracherwerb bis zum B2/C1-Niveau. Unterstützend wirkten Programme wie "Leadership for Syria" oder "Integra", an dem zwischen 2016 und 2023 laut DAAD 60.000 internationale Studierende teilnahmen, ganz überwiegend mit Fluchthintergrund.

Im Wintersemester 2024/25 waren bereits 19.809 Syrer:innen an deutschen Hochschulen eingeschrieben, aus Afghanistan fast 4.000 Studierende. Eine exakte Zahl geflüchteter Studierender gibt es dennoch nicht. Der Aufenthaltsstatus von internationalen Studierenden werde bei der Einschreibung nicht erfasst, teilt der DAAD mit. "Eine Gesamtsumme geflüchteter Studierender lässt sich daher nur indirekt berechnen, indem man die Zu- und Abgänge bei internationalen Studierenden aus den wichtigsten Herkunftsländern betrachtet."

Wie viele Ärzt:innen mit Fluchthintergrund arbeiten schon?

Die Zahl der Ärzt:innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Den größte Sprung gab es laut Ärztestatistik der Bundesärztekammer zwischen 2012 und 2016: von 24.600 auf 41.700. Bis 2024 kletterte Zahl weiter auf 68.102 – eine Verdreifachung innerhalb von anderthalb Jahrzehnten. Inzwischen besitzen rund 15 Prozent der in Deutschland berufstätigen Mediziner einen ausländischen Pass.

Auffällig ist der Beitrag aus Herkunftsländern mit hoher Fluchtmigration: 7.042 Ärzt:innnen mit syrischem Pass und 2.490 Ukrainer:innen. Parallel dokumentiert das BIBB-Anerkennungsmonitoring jährlich mehrere Tausend Anträge auf Anerkennung von Drittstaatenabschlüssen. Allein 2024 gab es 10.900 Anträge von Ärzt:innen (und sogar 22.400 von Gesundheits- und Krankenpflegern).

Alles Zahlen, die zeigen, dass ohne Ärzt:innen und Pflegekräfte aus dem Ausland die medizinische Versorgung in Deutschland längst nicht mehr gesichert wäre. Sie arbeiten oft dort, wo der Personalmangel am größten ist – in Krankenhäusern und oft auch in ländlichen Regionen. 

Doch wie der Spiegel berichtet, stoßen viele Mediziner mit Ausbildung außerhalb Europas trotz langjähriger Berufserfahrung auf fast unüberwindbare Hürden. Im vergangenen Jahr beantragten 8.088 von ihnen eine Approbation – deutlich mehr als noch 2021. Die Verfahren zögen sich jedoch häufig über Jahre, geprägt von Bearbeitungsstaus, wechselnden Zuständigkeiten und unklaren Anforderungen. Besonders Geflüchtete aus Krisenstaaten könnten notwendige Nachweise wie Arbeitszeugnisse oder staatliche Bescheinigungen oft nicht beibringen. In diesen Fällen drohen zusätzliche Kenntnisprüfungen, die in einzelnen Fächern Durchfallquoten von bis zu 50 Prozent aufweisen.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung fehlen bundesweit zehntausende Hausärzt:innen, allein in Baden-Württemberg rund 900. Der Marburger Bund kritisiert deshalb laut Spiegel, dass Deutschland hochqualifizierte Fachkräfte verliere, die Versorgungslücken schließen könnten. 

Ein Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums, der am vergangenen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde, sieht nun vor, die Anerkennungsverfahren für ausländische Heilberufe zu beschleunigen, indem die direkte Kenntnisprüfung Regelfall würde und aufwendige Gleichwertigkeitsprüfungen nur noch auf Wunsch stattfände. Zudem ist ein partieller Berufszugang vorgesehen, damit bestimmte Tätigkeiten auch ohne volle Approbation möglich sind.

Wie viele Geflüchtete beginnen eine Ausbildung?

Die Statistik erfasst wiederum nicht explizit Geflüchtete, sondern Jugendliche mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Weil die größten Zuwächse seit 2015 und 2022 aus Herkunftsländern wie Syrien oder der Ukraine stammen, lässt sich aus den Zahlen indirekt auf die wachsende Rolle Geflüchteter schließen.

Im Ausbildungsjahr 2024 wurden 475.100 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen (minus ein Prozent gegenüber 2023). Während die Zahl deutscher Auszubildender um vier Prozent sank, stieg die Zahl der Neuverträge von Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit um 17 Prozent – auf rund 70.000. Ihr Anteil hat sich in zehn Jahren von sieben Prozent (2014) auf 15 Prozent (2024) mehr als verdoppelt.

Besonders stark wuchs die Zahl der ukrainischen Auszubildenden: Mit 5.800 Neuverträgen hat sie sich binnen eines Jahres nahezu verdreifacht (2023: 1.900). Auch bei vietnamesischen Auszubildenden gab es mit 7.100 Verträgen ein deutliches Plus (plus 2.700 gegenüber 2023). Syrische Jugendliche blieben mit 6.800 Neuverträgen etwa auf Vorjahresniveau.

"Mittlerweile stammen rund 15 Prozent der Auszubildenden aus dem Ausland, viele von ihnen sind fluchtbedingt zu uns gekommen, andere wurden im Rahmen der Ausbildungsmigration gezielt angeworben. Sie alle leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Fachkräftesicherung", kommentierten die grünen Bildungspolitikerinnen Anja Reinalter und Theresa Schopper im Wiarda-Blog.

Fest steht: Ohne Jugendliche aus dem Ausland – darunter viele Geflüchtete – würde die Zahl der neuen Ausbildungsverträge nicht steigen, sondern weiter sinken. Für Branchen mit akutem Fachkräftemangel ist ihr Beitrag längst unverzichtbar.

Stimmt die Behauptung, weniger als die Hälfte der Geflüchteten sei in Arbeit?

Die Statistik widerspricht. Zwar sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: "Seit 2015 sind 6,5 Millionen Menschen zu uns gekommen und weniger als die Hälfte ist heute in Arbeit." Doch die jährliche Geflüchtetenstudie des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) vermeldet einen anderen Trend: Nach sieben Jahren Aufenthalt waren 63 Prozent der Geflüchteten erwerbstätig, nach acht Jahren Aufenthalt 68 Prozent.

Zum Vergleich: Die Quote in der Gesamtbevölkerung lag 2022 bei 77 Prozent (Männer 81 Prozent, Frauen 73 Prozent). Auffällig ist die Lücke zwischen geflüchteten Männern und Frauen, aber der Aufwärtstrend ist eindeutig. Die pauschale Aussage "weniger als die Hälfte arbeitet" blendet die Aufenthaltsdauer – und damit den zentralen Faktor – schlicht aus.


Balkendiagramm Erwebstaetige Gefluechtete vs Gesamtbevoelkerung.

Fazit: Hat die Willkommenskultur Früchte getragen?

Die Antwort liegt irgendwo zwischen Euphorie und Ernüchterung. Ja, es gab Fehleinschätzungen, und oftmals dauert die Integration lange: Willkommensklassen haben den Spracherwerb gebremst, Anerkennungsverfahren blockieren bis heute Zehntausende qualifizierte Lehrkräfte, und die Erwerbstätigenquote Geflüchteter bleibt unter dem Schnitt der Gesamtbevölkerung.

Doch an vielen Stellen fällt die Bilanz positiver aus, als viele Schlagzeilen vermuten lassen:

  • Schulen: Statt jahrelanger Isolation in Sonderklassen empfehlen Forschende längst den direkten Weg in den Regelunterricht – mit besseren Ergebnissen.

  • Hochschulen: Zehntausende Syrer:innen, Ukrainer:innen und Afghan:innen haben Studien aufgenommen, flankiert von Programmen wie "Integra" mit 60.000 Teilnehmenden.

  • Arbeitsmarkt: Die Erwerbsquote Geflüchteter steigt über mehrere Jahre hinweg stark an und nähert sich der Gesamtbevölkerung an. Hier wird in den nächsten Jahren vor allem auf die Erwerbsbeteiligung der Frauen zu schauen sein.

  • Ausbildung: Ausländische Jugendliche schließen 2024 bereits 15 Prozent aller neuen Verträge ab – doppelt so viele wie vor zehn Jahren.

  • Fachkräfte: Rund 40.000 zugewanderte Pädagog:innen sind im Land, aber viele arbeiten nicht in ihrem Beruf. Über 68.000 Ärzt:innen mit ausländischem Abschluss sind dagegen bereits aktiv – darunter rund 7.000 Syrer:innen und fast 2.500 Ukrainer:innen.

Die Willkommenskultur war kein Irrweg – sie war ein Anfang. Ob sie sich "gelohnt" hat, hängt davon ab, ob Deutschland die vorhandenen Potenziale auch nutzt. Oder, wie es der SVR nüchtern-drängend formuliert: "Mehr Zugewanderte für pädagogische Berufe zu gewinnen, kann den Bildungsinstitutionen helfen, sich besser auf die wachsende Vielfalt der Kinder einzustellen."


Zehn Jahre danach

Was aus der Willkommenskultur wurde. Die fünf Teile der Serie.
Schattenriss von Fluechtlingen vor gelbem Hintergrund.

 

Teil 1, vom 19. November 2015:
"Zwei Drittel können kaum lesen und schreiben"
Viele Flüchtlinge haben eine miserable Schulbildung, nur zehn Prozent sind Akademiker. Das hat der Bildungsökonom Ludger Wößmann herausgefunden. Ein Gespräch.

Teil 2, vom 11. Dezember 2017:
Aus Homs ins deutsche Klassenzimmer
In Syrien arbeitete Hend Al Khabbaz als Lehrerin, zwei Jahre nach ihrer Flucht kann sie nun wieder unterrichten: in Brandenburg. Die Geschichte einer Frau, die Brücken bauen soll.

Teil 3, vom 05. Juli 2021
Die Kitas und Schulen haben viel geleistet
Die Integration geflüchteter Kinder und Jugendliche in Deutschlands Bildungssystem hat nach 2015 besser geklappt, als viele es befürchtet haben, sagt Jutta von Maurice vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe. Doch was wird nach der Schule aus ihnen?
 
Teil 4, vom 07. März 2022:
Bereitet die Schulen vor!
Das Mitleid mit den aus der Ukraine Geflüchteten ist groß. Doch haben wir schon die Dimensionen dessen begriffen, was da auch aufs deutsche Bildungssystem zukommt?

Teil 5, vom 11. September 2024:
Demokraten mit Heimweh
Indem Union, SPD und FDP weiter nach rechts steuern, setzen sie europäische Ideale aufs Spiel und riskieren sie ihre gemäßigte Stammwählerschaft. So schaden sie sich selbst und der Demokratie. Ein Essay im Wiarda-Blog, der wenig mit Bildung und nichts mit Forschungspolitik zu tun hat? Ja. Weil er genau jetzt sein muss.

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