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Es wird viel passieren

Was 2018 in Bildung und Forschung wichtig war –  und was deshalb 2019 wichtig werden könnte. Ein subjektiver Jahresausblick.

Abbildung: Pixabay
Abbildung: Pixabay

SEIT EINIGEN JAHREN versuche ich mich jedes Neujahr an einem Rückblick, der zugleich ein Ausblick sein soll. Welche Ereignisse im vergangenen Jahr waren so wichtig, dass sie ins neue hineinreichen? Welche Themen werden die bildungspolitischen Debatten in den kommenden Monaten bestimmen? Worüber wird in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen geredet werden?  

 

Meine Liste ist zugleich eine Prognose, worüber ich als Journalist 2019 am häufigsten berichtet werde.  Zwangsläufig subjektiv, wacklig, unvollständig und keinesfalls nach Wichtigkeit sortiert. Zumal einige der Vorhersagen sich nicht immer von meinen persönlichen Ansichten trennen lassen, wie ich mir die Dinge wünschen würde. Schauen Sie doch mal, ob das auch Ihre Themen und Perspektiven sind, entschuldigen Sie gleichzeitig alle bei so einem Ausblick unvermeidbaren Auslassungen und Verkürzungen – und ergänzen Sie gern weitere Aspekte und Prognosen durch Ihre Kommentare.

 

 

1. Forschungsfinanzierung: Wer hat genug, wer braucht noch mehr?

 

Seit November ist es offiziell: Deutschland investiert mehr als drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung. So kann man es in der vorläufigen FuE-Erhebung für das Jahr 2017 nachlesen, die der Stifterverband veröffentlicht hat. Interessanterweise verzichtete das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf eine Jubel-Schlagzeile und beließ es bei einem nüchtern-erfreuten Statement von Ministerin Anja Karliczek (CDU). Aus gutem Grund: Schon zweimal, Ende 2013 und Ende 2016, hatte das BMBF überschwänglich verkündet: "3-Prozent-Ziel erreicht". Und beide Male lag Deutschland in Wirklichkeit noch (deutlich) unterhalb dieser Marke. 

 

Diesmal nicht: Der Stifterverband vermeldete eine 3,02-Prozent-Quote. Und im GroKo-Koalitionsvertrag nimmt die Bundesregierung bereits die nächste Marke in den Blick: Bis 2025 sollen es 3,5 Prozent werden. Wie realistisch die dazu gehörende GroKo-Finanzplanung ist, bleibt fraglich. Immerhin, der Ehrgeiz ist da, auch wenn Karliczek 2018 mehrmals betonte, in den kommenden Jahren werde es nicht in erster Linie um zusätzliches Geld gehen, "sondern um die Frage, ob die Schwerpunkte noch die richtigen sind". Und die Ministerin sagte weiter: "Wir haben innerhalb von 12 Jahren den Haushalt meines Ministeriums veranderthalbfacht. Es ist klar, dass das in der Geschwindigkeit nicht weitergehen kann."

 

Wie aber wird es weitergehen mit der staatlichen Wissenschaftsfinanzierung? Die Bundesregierung hat eine Strategie für Künstliche Intelligenz beschlossen, die viele Experten für unterambitioniert und zu nationalstaatlich gedacht halten. Die mit Spannung erwartete Agentur für Sprunginnovationen wartet noch auf ihre Gründung. Währenddessen mussten sich die vom Bund großzügig finanzierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen im vergangenen Jahr harsche Kritik gefallen lassen.  Deren "bisherigen Leistungen haben uns nicht überzeugt", sagte Albert Rupprecht, forschungs- und bildungspolitischer Sprecher der CDU-/CSU-Fraktion im Sommer.  "Der Output in Richtung Wirtschaft und Gesellschaft muss gesteigert werden." Der sogenannte Transfer, also die Weiterentwicklung von Forschungsergebnissen bis hin zu "Produkten, Anwendungen, Dienstleistungen" müsse stärker als bisher mitgedacht werden. 

 

Noch heftiger äußerte sich der FDP-Wissenschaftspolitiker Thomas Sattelberger: Über die Paktförderung seien die Max-Planck-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft "zu ganz schön fetten Katzen geworden". 

 

Mit der "Paktförderung" bezieht sich Sattelberger auf den sogenannten Pakt für Forschung und Innovation (PFI), der seit 2006 alle fünf Jahre aufs Neue von Bund und Ländern besiegelt wird und der den vier außeruniversitären Forschungsorganisationen sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein jährliches Budgetplus von zurzeit drei Prozent garantiert.

 

Sattelberger fügte hinzu: Was diese drei Prozent jährlicher Zuwachs "für Forschung und Gesellschaft insgesamt bringen, ist unklar."

 

Geradezu peinlich wurde es für die Helmholtz-Gemeinschaft im Herbst. Da beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, den 18 zu Helmholtz gehörenden Zentren für das Jahr 2019 25 Prozent ihrer Betriebsmittel zu sperren. Der Ausschuss habe seine Entscheidung in seiner "Verantwortung vor dem Steuerzahler getroffen", sagte Eckhardt Rehberg, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Haushalt der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion. 

 

Schon 2017 hatte der Bundesrechnungshof nicht nur Helmholtz, sondern allen vier außeruniversitären Forschungsorganisationen vorgeworfen, sie seien "in Teilen überfinanziert". Innerhalb von vier Jahren hätten sich die Gelder, die nicht im selben Haushaltsjahr ausgegeben wurden, auf eine Milliarde Euro mehr als verdreifacht, rügten die Prüfer. Sie beanstandeten eine "Bugwelle" nicht verbrauchter Steuermittel, die "nicht primär auf wissenschaftsspezifische Gründe" zurückzuführen sei. Anders formuliert: Die "Außeruniversitären" bekämen so viel Geld, dass sie mit dem sinnvollen Ausgeben nicht mehr hinterherkämen. 

 

An der größten Forschungsorganisation mit der größten "Bugwelle" beschlossen die Haushaltspolitiker nun ein Exempel zu statuieren. Die Ansage an die Helmholtz-Chefs: Ihr müsst uns erst nachweisen, dass ihr die 75 Prozent aktueller Betriebsmittel vollständig ausgegeben habt, dann bekommt ihr den Rest. Die Sperre werde für jedes Helmholtz-Zentrum individuell aufgehoben, sobald es nachweise, "dass 75 Prozent der SB-Betriebsmittel verbraucht sind", sagt CDU-Politiker Eckhardt Rehberg. Wobei sich die anderen Forschungsorganisationen auch nicht zu sehr in Sicherheit wiegen sollten, denn Rehberg kündigte schon mal an: "Wir werden uns die Entwicklung bei den Helmholtz-Zentren im nächsten Jahr anschauen und dann über weitere Schritte entscheiden."

 

Das ist also der Hintergrund, vor dem Bund und Länder in den kommenden Monaten die Fortsetzung des Paktes für Forschung und Innovation nach 2020 verhandeln und beschließen wollen. 

 

Vorausgesetzt, dass es überhaupt eine PFI-Fortsetzung gibt: Dafür, fordert das BMBF ultimativ, müssen die Länder nämlich wieder in die Kofinanzierung des jährlichen Zuwachses einsteigen, den der Bund seit 2016 allein übernommen hat.  Das wird richtig teuer: Das Budgetplus der Außeruniversitären schlägt schon zwischen 2016 und 2020 mit 3,9 Milliarden Euro zu Buche. Doch der Bund fordert noch mehr und verlangt von den Ländern, die bis 2016 geltenden Finanzierungsschlüssel zwischen Bund und Ländern wiederherstellen. 

 

Optimismus ist dennoch angebracht, denn der PFI ist zu symbolträchtig, um ihn platzen zu lassen. Deshalb werden sich beide Seiten am Ende – mal wieder – irgendwo in der Mitte treffen. Absehbar ist aber auch: Das BMBF wird bei der PFI-Neuauflage auf den Druck von Bundesrechnungshof und Bundestag reagieren und die Zahlungsbedingungen verschärfen. Bei Anja Karliczek klang das schon Mitte 2018 so: "Klar ist: Es wird auch neue Schwerpunkte geben müssen und neue Formen der Rechenschaftslegung."

 

Im Gespräch ist dem Vernehmen nach, die zusätzlichen Prozentpunkte auf zwei Töpfe aufzuteilen: Einen Topf bekommen die Organisationen sofort, um ihre Kostensteigerungen auszugleichen. So stellt sich das zumindest der Bund vor. Die Frage ist, ob die Länder dabei mitmachen. Der zweite Topf wäre demnach als Belohnung gedacht, wenn Helmholtz & Co die mit ihnen vorab vereinbarten Ziele nachweislich erreichen. Dass dabei zum Beispiel der Wissens- und Technologietransfer (siehe oben) eine größere Rolle spielen dürfte als bislang, scheint ausgemacht. 

 

Wahrscheinlich wäre in dem Fall  allerdings auch, dass Bund und Länder mit jeder Organisation die zu ihr passenden Ziele verabreden werden – die dann im Unterschied zur bisherigen Paktlogik nicht nur klar messbar sein, sondern auch mit Erfolgsprämien verbunden werden könnten. Mit dem Ergebnis, dass je nach ihrer Performance am Ende die eine Organisation ein größeres Plus als die andere erhalten würde.

 

Schon daran hätten die Präsidenten der Organisationen schwer zu kauen, doch es könnte noch ungemütlicher werden: Aus dem Bundestag gibt es Forderungen, das PFI-Plus von vornherein ungleichmäßig aufzuteilen. So könnte zum Beispiel Helmholtz am Ende schlechter wegkommen als Max Planck. Wobei auch dafür in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK)  eben nicht nur der Bund votieren müsste, sondern auch die Länder. 

 

Persönlich erscheint mir die Idee unterschiedlicher Zuwächse im Rahmen des PFI logisch und folgerichtig, wenn auch nicht sonderlich wahrscheinlich. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und die DFG vollständig aus dem Pakt herauslösen. 

 

Schließlich klagen alle darüber, dass es zu viele Projektmittel und zu wenig Grundmittel für die Hochschulen gibt. Wenn nun aber diese Projektmittel zum großen Teil von der DFG stammen, wie wäre es, deren Zuwächse – meinetwegen bis auf einen gewissen Inflationsausgleich –  für die nächsten fünf oder zehn Jahre gleich direkt an die Hochschulen zu geben? 

 

Einen einfachen Mechanismus dafür gäbe es: Im kommenden Jahr soll auch der Hochschulpakt neu verhandelt werden, auch dazu existieren bereits erste Überlegungen seitens der Länder. An einer Stelle herrscht allerdings ein grundsätzlicher Dissens zwischen BMBF und Landeswissenschaftsministern. Letztere fordern, dass der Hochschulpakt künftig wie der PFI ein jährliches Plus enthält, dass auch er "dynamisiert" wird. Das lehnt Bundesministerin Karliczek bislang kategorisch ab – sicherlich auch, weil sie nicht weiß, woher sie das Geld dafür nehmen sollte. Die Antwort an Karliczek sollte meines Erachtens lauten: von der DFG. Wodurch es innerhalb weniger Jahre zu einer spürbaren Verschiebung weg vom Drittmittelanteil hin zu mehr Grundmitteln käme. Ausführlicher habe ich mein Argument am Montag für den Tagesspiegel aufgeschrieben. 

 

 

2. Lehrermangel: Auf in den nächsten Schweinezyklus?

 

Vor anderthalb Jahren nahm sie, vor allem angeschoben durch Prognosen der Bertelsmann-Stiftung, Fahrt auf: die Debatte um den Lehrermangel.  2018 wurde sie mit einer zuvor ungekannten Heftigkeit geführt, besonders empfindlich ist die Personallücke an den Grundschulen. Das Problem wird dadurch noch verschärft, dass laut aktueller KMK-Bedarfsrechnung nicht nur zehntausende Lehrer fehlen werden, sondern es gleichzeitig in anderen Fächern der Sekundarstufe (vor allem in den Sprachen) zehntausende Pädagogen zu viel geben soll.

 

Die Kultusminister standen deshalb 2018 im Feuer. Doch anstatt im eingeübten Verteidigungsmodus ("Das konnte keiner kommen sehen") zu verharren, machten sich zum Glück immer mehr von ihnen zusammen mit den Wissenschaftsministern an die Arbeit. Nudelten den Finanzministern die nötigen Millionen aus den Rippen. Zusätzliche Studienplätze für Lehramtsstudenten entstanden oder entstehen demnächst. Sie gehen in die Tausenden. Und weil es in der Vergangenheit zum Teil ein Vielfaches an Bewerbern pro Studienplatz gab, ist absehbar, dass die dringend benötigten Lehrer kommen werden – selbst in den MINT-Fächern. Allerdings eben erst in ein paar Jahren. Was bedeutet: Sie könnten zu spät kommen.

 

Denn bis der schwerfällig in Fahrt kommende Tanker Lehrerbildung das Gros der Absolventen auswirft, sind die Kollegien bereits mit Generationen von Quer- und Seiteneinsteigern gefüllt. Deren Motivation ist hoch, und mit der nötigen Ausbildung und Betreuung werden viele von ihnen zu hervorragenden Lehrern. Doch die Realität zeigt auch, dass vielerorts an eben jener Ausbildung und Betreuung gespart wird, und selbst wenn die Anwärter sie bekommen, endet die besondere Begleitung nach ein paar Jahren. Und das ist in den meisten Fällen zu früh.

 

Noch zeigen die meisten Schülerprognosen nach oben, sprich: Wahrscheinlich wird auch in einigen Jahren der Bedarf an zusätzlichen Lehrern bestehen. Doch Prognosen, das lehrt die Vergangenheit, haben die Eigenschaften, sich zu verändern. Womöglich werden in acht oder zehn Jahren also deutlich weniger Lehrer gebraucht, als der Tanker Lehrerbildung dann ausspuckt. Mit absurden Folgen: Die Kollegien wären auf Jahrzehnte mit Lehrern besetzt, die ursprünglich als Quereinsteiger in den Job gekommen sind, während voll ausgebildete Absolventen zum Arbeitsamt gehen müssten.

 

Vielleicht – hoffentlich! – kommt es nicht so weit. Doch es wäre gut, wenn die Kultusministerkonferenz in jedem Fall einige Schlussfolgerungen aus der aktuellen Misere ziehen würde. 

 

Erstens: Natürlich sind Schülerprognosen von vielen Variablen abhängig, die sich (Stichworte: Einwanderung, Umzüge zwischen den Ländern und zwischen Stadt und Land) nicht immer verlässlich vorhersagen lassen. Aber besser werden müssen die Frühwarnsysteme trotzdem. Zum Glück wissen das die Kultusminister und haben entsprechende Schritte bereits eingeleitet. 

 

Zweitens: Quereinsteiger müssen deutlich über die Qualifikationsphase hinaus eine besondere Betreuung erfahren. 

 

Drittens: Damit sich die Misere nicht wiederholt, sollten die Studienplatz-Kapazitäten jetzt, auch wenn es schwerfällt, nicht kopflos und maßlos hochgefahren werden, sondern entlang der aktuellen Prognosen und abgestimmt zwischen den Bundesländern. Im Gegenzug sollten die zusätzlichen Studien- und Referendariatsplätze auch nicht in ein paar Jahren wieder abgebaut werden, wenn die ersten Absolventen keinen Job mehr finden.

 

Viertens: Um die Lehrerbildung insgesamt flexibler zu machen und die Anpassungszeiträume zu verkürzen, sollten die Bildungsminister neue Studienmodelle erproben und sie neben dem bewährten etablieren. Ein besonders gut geeignetes hat zum Beispiel der ehemalige Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Manfred Prenzel, vorgeschlagen.

 

Kurzum: Dauerhafte Nachwuchsplanung ist angesagt, doch die haben die Länder in der Vergangenheit nie hinbekommen. Man denke nur an die große Lehrerarbeitslosigkeit der 80er Jahre. Die in den 90ern in den neuen Bundesländern möchte ich hier nicht als Argument hernehmen, die hatte besondere und wirklich nicht absehbare Gründe: vor allem den beispiellosen Geburteneinbruch nach der Wende. 

 

2019 wird entscheidend sein, um die Lehrerbildung der Zukunft zu planen. Mal schauen, wo wir in 12 Monaten stehen. 

 

 

3. Und ewig grüßt das Kooperationsverbot

 

Was soll man eigentlich noch zum ewigen Streit ums Kooperationsverbot schreiben? Vielleicht so viel: Zwei Dinge sind wahrscheinlich. Erstens: Bundestag und Bundesrat werden sich im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss einigen. Womit der Digitalpakt kommen wird. Zweitens: Der Streit ums Kooperationsverbot ist damit noch lange nicht zu Ende.

 

Vergangenes Jahr schrieb ich, dass der Jahresausblick aus allen Nähten platzen würde, wollte ich die Genese der aktuellen Debatte ums Kooperationsangebot nochmal nacherzählen. Das kann ich dieses Mal wieder genauso schreiben und sogar mit noch mehr Recht angesichts der Ereignisse der vergangenen zwölf Monate. 

 

Im Januar 2018 hatte ich prognostiziert, dass eine neue Bundesregierung unter Angela Merkel den Artikel 104c des Grundgesetzes ändern werde. "Die CDU-Bundeskanzlerin hat sich längst damit abgefunden, dass alle ihren potenziellen Bündnispartner mehr Bundesengagement für die Schulen wollen – und zwar dauerhaft", schrieb ich und fügte hinzu: "Die Frage ist, wieviel Veränderung die Schwesterpartei CSU zulässt – im Zusammenspiel etwa mit den Ministerpräsidenten Kretschmann (Grüne) und Laschet (CDU), die zwar (welch Wunder!) offen sind für mehr Bundesgeld, aber bitte ohne mehr Bundeseinfluss."

 

Was wiederum am Ende des Jahres 2018 ziemlich genau die Situation beschreibt. Die neue Große Koalition hat wie erwartet den Artikel 104c neu formuliert, allerdings nur sehr zurückhaltend – nichts von wegen dauerhaften Bundeshilfen für die Schulen. Was Laschet und sogar die CSU so mittragen wollten. Für die SPD wiederum war die im GroKo-Vertrag festgehaltene Änderung die Untergrenze, aber es war ein Kompromiss. Der aber nicht so blieb, weil die GroKo sich durch ebendiesen Koalitionsvertrag selbst in Geiselhaft genommen hatte. 

 

Die im Vertrag enthaltene Festlegung: Den seit Ende 2016 (noch so eine unendliche Geschichte) verhandelten Digitalpakt gibt es nur, nachdem die Grundgesetzänderung durch ist. Doch haben Union und SPD keine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag, weswegen sie die Zustimmung der Opposition brauchten. Die noch mehr Aufhebung des Kooperationsverbotes wollten – Stichwort: dauerhaft. Letzteres bekamen Grüne und FDP zwar nicht, dafür aber eine Reihe weiterer Zusicherungen, unter anderem dass Bundesmittel auch für Personal investiert werden dürfen, solange die Stellen eng mit dem jeweiligen Investitionsprogramm verbunden sind. Außerdem wurde eine Formulierung ergänzt, wonach die Hilfen des Bundes "zur Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens" dienen sollen, was wiederum zu einer Debatte über Bildungsstandards führte und ob der Bund jetzt bei deren Definition mitwirken dürfe. 

 

Die Änderung, die die Länder – und zwar sowohl die Unions- als auch die SPD-regierten – vollends auf die Barrikaden brachte, war aber eine andere, die noch dazu – sagen zumindest die Länder  – vollkommen überraschend kam. Auf Druck der Haushälter im Bundestag wurde auch der Artikel 104b des Grundgesetzes geändert – mit dem Ergebnis, dass künftig alle Bund-Länder-Programme (mit Ausnahme der bis Ende 2019 beschlossenen) eine 50-Prozent-Kofinanzierung der Länder erfordern sollen. Die Debatte darüber können Sie zum Beispiel hier und hier nachlesen. 

 

Jetzt soll also der Vermittlungsausschuss die Lösung bringen, und das möglichst noch im Februar. Es kommt vor allem darauf an, den Haushältern auf der einen Seite und Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann auf der anderen Seite Brücken zu bauen – und gleichzeitig über die ursprüngliche, im GroKo-Vertrag angekündigte Verfassungsänderung hinauszugehen, weil die ja wiederum der Bundestagsopposition von Grünen und FDP zu wenig war. 

 

Klingt kompliziert, dürfte aber recht schnell gelingen, weil der politische Erwartungsdruck – mal wieder – so hoch ist. Dann könnte der Digitalpakt endlich kommen, womöglich schon im zweiten Quartal 2019, allerdings kommt die nächste Debatte ums Kooperationsverbot damit auch. Grüne (zumindest die außerhalb Baden-Württembergs), FDP und Linke werden auch weiterhin mehr wollen. Sie wollen, dass der Bund nicht nur in zeitlich befristete Investitionsprogramme investieren kann. Dieses Mal werden sie das nicht bekommen. Aber sie werden es weiter verlangen. Und im nächsten Bundestagswahlkampf, der spätestens in zwei Jahren beginnt, wird das Thema wieder eine Hauptrolle spielen. 

 

 

4. Achtet die Berufsschulen, meidet Akademikerdebatten!

 

Warum erhalten Berufsschulen eigentlich so wenig Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Politik, habe ich Ronald Rahmig gefragt. Rahmig leitet das Oberstufenzentrum KFZ in Berlin, und seine Antwort lautete: "Weil wir trotz allem gut funktionieren."

 

Ich habe das "OSZ KFZ" im Rahmen eines Artikels für die Süddeutsche Zeitung besucht, um einen Widerspruch auszuleuchten. Und der geht so: Politiker loben die duale Ausbildung gern als eine international ziemlich einzigartige Verknüpfung von Theorie und Praxis, die am Ende hoch qualifizierte Facharbeiter hervorbringe. Hinzu kommt, dass kaum irgendwo die Jugendarbeitslosigkeit so niedrig ist wie in Deutschland. Das ist das Einerseits. Das Andererseits:  Die Berufsausbildung hat ein Imageproblem. Mehr als 50 Prozent eines Altersjahrgangs drängt an die Hochschulen, Firmen finden keine Azubis mehr. Wie kann das sein? 

 

Meine Schlussfolgerung: Die Berufsschulen leisten vielerorts wirklich hervorragende Arbeit, vielleicht sind sie sogar das, was Rahmig ihnen bescheinigt. Sie seien "die eigentlichen Gemeinschaftsschulen", sagt der Schulleiter. Weil sie Schüler aller Herkünfte und Bildungswege haben. Das OSZ KFZ zum Beispiel hat 20 Prozent Berufsschüler mit Abitur, neben den 1800 Jugendlichen in der dualen Ausbildung bereitet es aber auch weitere 100 auf die Hochschulreife vor. Gleichzeitig durchlaufen etwa 200 Jugendliche die am OSZ angesiedelte Berufsvorbereitung, weil sie zum Teil ohne Abschluss von der Oberschule abgegangen sind oder trotz Abschluss keine Lehrstelle gefunden haben.

 

Viele Berufsschulen funktionieren so gut, dass unser Bildungssystem es sich erlaubt, sie nur aus den Augenwinkeln zu betrachten. Und gleichzeitig Symboldebatten zu führen. Der unangefochtene Meister in der Hinsicht ist seit Jahren der Münchner Philosoph Julian Nida-Rümelin, der eine angebliche Akademiker-Schwemme beklagt. Zu viele junge Menschen strömten an die Hochschulen, was ihre Jobchancen schmälere. Zudem fehlten sie dann in der dualen Ausbildung, obwohl die Berufsaussichten dort hervorragend seien. Und schließlich brächen immer mehr Studienanfänger das Studium aus Überforderung ab.

 

Klingt nach einer stimmigen Kausalkette, doch die meisten Bildungsexperten halten sie für falsch. So liegen die Abbrecherquoten in Studium und Berufsausbildung etwa gleich hoch. Auch mag  der Arbeitsmarkt die Akademiker immer noch am liebsten: Menschen mit abgeschlossenem Studium haben die niedrigste Arbeitslosigkeit überhaupt und im Schnitt die höchsten Einkommen.  Der Azubi-Mangel, sagen Bildungsforscher, rühre vor allem daher, dass zu viele Betriebe nur auf Abiturienten schielten, während sie um ihre klassische Klientel (die mit mittlerem Schulabschluss) zunehmend einen Bogen machten. Weswegen überhaupt so viele Jugendlichen, siehe oben, ohne Ausbildungsplatz in der sogenannten Berufsvorbereitung an den Berufsschulen landeten. Dieser Aspekt wird nämlich in der Debatte oft unterschlagen: dass trotz des Azubi-Mangels viele Lehrstellen unbesetzt bleiben.

 

Also: Wir brauchen eine Debatte über die Zukunft der dualen Ausbildung und die Chancen künftiger Azubis in einer sich verändernden Welt. Was wir nicht brauchen, sind verkürzte Schlussfolgerungen, die von den eigentlichen Problemen ablenken. Wie wäre es also, wenn wir im neuen Jahr etwas mehr über die Stärken und Bedürfnisse der Berufsschulen diskutieren würden und etwas weniger über eine vermeintliche Akademikerschwemme?

 

 

5. Zum Kita gut machen braucht es mehr als Gute-Kita-Gesetze

 

Manche Sachen sind ja eigentlich ganz einfach. Und trotzdem ist es erstaunlich, wie lange über sie gestritten wird. Die Sache mit den guten Kitas ist so eine. Alle wollen sie, natürlich. Aber mal ehrlich: Was braucht es denn dafür? Vor allem: Gut ausgebildete ErzieherInnen, die fair bezahlt werden. Warum das mit der fairen Bezahlung so wichtig ist? Zum Beispiel, damit man sich den Beruf auch dann leisten kann, wenn man selbst Kinder haben möchte. Nur wenn Anerkennung, Auskommen und Entwicklungschancen stimmen, werden sich genügend Menschen dafür entscheiden, die frühe Bildung unserer Kinder zu verantworten. Und ihnen zugleich die Geborgenheit zu schenken, die sie brauchen. 

 

Gute Ausbildung, gute Gehälter: Beides kostet viel Geld. Und da lassen Sie uns doch gleich nochmal ehrlich sein: Dieses Geld fehlt an vielen Ecken und Enden. Deshalb ist die GroKo überhaupt erst auf ihre Idee mit dem Gute-Kita-Gesetz gekommen, das am 1. Januar in Kraft getreten ist. 5,5 Milliarden Euro schiebt der Bund bis 2022 über einen höheren Anteil an den Umsatzsteuer-Einnahmen in die Länder. Die können selbst entscheiden, was sie mit dem Geld machen, und die Pläne sind je nach Landesregierung sehr unterschiedlich

 

Ein Trend lässt sich allerdings festhalten: Obwohl vielerorts das Geld für die nötige Qualität der Kitas fehlt, verteilen nicht wenige Länder erstmal Wohltaten – indem einzelne oder sogar alle Kitajahre beitragsfrei stellen, und zwar für alle. Doch lassen Sie uns an dieser Stelle zum dritten Mal ehrlich sein: Von einer solchen Maßnahme profitieren nicht diejenigen, die es aufgrund ihrer niedrigen Einkommen am nötigsten hätten. Denen wäre nämlich durch eine konsequente Staffelung der Gebühren (Motto: wer wenig verdient zahlt nichts, wer viel verdient, zahlt ordentlich) viel mehr geholfen. Warum viel mehr? Weil dann mit den Beiträgen der Gutverdiener eine bessere Kitaqualität für alle finanziert werden könnte. Die wiederum vor allem für die Kinder aus bildungsfernen (und meist nicht so gut verdienenden) Elternhäusern besonders wichtig ist.

 

"Qualität und Beitragsentlastungen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden", mahnt Schleswig-Holsteins Familienminister Heiner Garg (FDP) laut dpa

 

Doch, müssen sie: Qualität geht immer vor. Also: Eine faire Staffelung der Gebühren ist unverzichtbar und muss, wo sie noch nicht besteht, als erstes umgesetzt werden. Ansonsten aber gilt: Erst wenn die Betreuungsrelationen gut genug sind, wenn die Einkommen der ErzieherInnen stimmen und genug Geld für eine hochwertige (und ausreichend vergütete!) Ausbildung da ist, sollte über das aus symbolischen Gründen tatsächlich sinnvolle Ziel der kompletten Gebührenfreiheit nachgedacht werden. Bis dahin aber ist es fahrlässig und sozial ungerecht, gute verdienende Eltern von den Gebühren zu befreien. Das sage nicht nur ich, das sagen auch führende Bildungsforscher. Und zwar schon seit langem

 

Unterdessen besteht der "Flickenteppich" (IW Köln) bei den Gebühren weiter, die regionalen Unterschiede bei ihrer Höhe und Ausgestaltung nehmen sogar noch zu, weil jedes Land bei der Ausgestaltung des Gute-Kita-Gesetzes anders vorgeht und die Kommunen, wo es noch Gebühren gibt, ebenfalls ihre eigenen Modelle pflegen. 

 

Es wäre schön, wenn die Politik in den Ländern 2019 dem Grundsatz "Erst faire Staffelung, dann Qualitätsverbesserung und als allerletzte Maßnahme komplette Gebührenabschaffung" folgen würde – und zwar stärker, als es derzeit aussieht. Tut sie es nicht, sollte sie die vorzeitige Abschaffung der Gebühren auch für Gutverdiener wenigstens nicht als Akt der sozialen Gerechtigkeit verkaufen. Genau das ist sie nämlich nicht. Im Gegenteil. 

 

 

6. ExStra der (vorläufig) letzte Akt

 

Am 19. Juli wird es spannend: Dann werden wieder einmal Exzellenzuniversitäten gekürt, und zwar zum ersten Mal nach den neuen Regularien der Exzellenzstrategie, die früher Exzellenzinitiative hieß. Was das für die siegreichen Universitäten bedeutet und für alle anderen, die nicht erfolgreich sind, habe ich erst neulich in einer ausführlichen Analyse aufgeschrieben. 

 

 

7. Wissenschaftskommunikation noch höher hängen, aber wie?

 

Es ist eines der von Bundesforschungsministerin Karliczek am häufigsten genannten Ziele für die laufende Legislaturperiode: Die Wissenschaft soll mehr und besser in die allgemeine Öffentlichkeit hineinkommunizieren, sie soll das, was sie tut, so erklären, dass auch Nicht-Experten verstehen können, warum es für sie wichtig ist. 

 

Klingt irgendwie nebelig? Das mag daran liegen, dass auch die Ministerin offenbar noch nicht so richtig weiß, was genau aus ihrer Forderung folgen soll. Neulich sagte sie im Interview mit mir, ihr Ziel sei, "dass die Kommunikation des eigenen Forschungsthemas von Anfang an mitgedacht wird." Karliczek will also die einzelnen Wissenschaftler in die Pflicht nehmen, und das schon früh in der Karriere. Aber wie genau? Das ist die Stelle, an der Karliczek vertröstet: "Welche Förderung geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, darüber diskutieren wir gerade." Zum Beispiel bei Workshops ihres Ministeriums mit Journalisten, Kommunikationsexperten und Wissenschaftlern.

 

Machen diese Unschärfen Karliczeks Vorstoß weniger richtig? Ich meine: Nein. Er kommt angesichts von weltweiter Wissenschaftsskepsis und Populismus zum richtigen Zeitpunkt. Und die Debatte über das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft läuft ja auch schon länger, spätestens seit Trumps Amtsantritt als US-Präsident. 

 

Auch wertet die Ministerin mit ihren Äußerungen keineswegs die zahlreichen Anstrengungen und Initiativen ab, die es bereits gibt. Ihre Forderung nach einem Aufbruch ignoriert auch nicht die Aufbrüche der Vergangenheit. Im Gegenteil: Karliczek sagt lediglich und zu Recht, dass wir noch mehr solche Anstrengungen brauchen. Und ich möchte umgekehrt hinzufügen, dass einige der vorhandenen Initiativen dringend mal auf ihre Wirksamkeit überprüft und anschließend fokussiert werden sollten.  

 

Doch apropos Fokussierung: Auch Karliczeks Vorstoß muss 2019 in eine klare Strategie münden. In eine Strategie, die transparente Ziele benennt und dazu die Akteure und die Förderinstrumente, mit denen sie erreicht werden sollen. Das geht nur in einem partizipativen Prozess, den ihr Ministerium, siehe Karliczeks Statement oben, zu Recht angestoßen hat und hoffentlich auch ernst meint. 

 

Im Oktober habe ich zum Thema Wissenschaftskommunikation einen Kommentar geschrieben, welche Prioritäten die Ministerin meines Erachtens setzen sollte.  Mein Artikel wurde anschließend viel diskutiert und auch kritisiert (zum Beispiel hier) .

 

Meine Forderung war zugegebenermaßen zugespitzt: "Richtig wäre es", schrieb ich, "wenn künftig keinerlei Projektgelder mehr fließen würden ohne die Verpflichtung zur Kommunikation nach außen. Die dann nicht in die Pressestellen outgesourct, sondern von den Forschern selbst geleistet werden müsste. Und nein, hier würde ihnen nicht noch eine zusätzliche Aufgabe aufgehalst. Das Reden mit der Gesellschaft, die sie finanziert, gehört von jeher zum Kern wissenschaftlicher Arbeit. Es muss sich nur auch karrieretechnisch lohnen."

 

In eine ähnliche, womöglich noch radikalere Richtung denkt Johannes Vogel, der Direktor des Berliner Museums für Naturkunde, für dessen Vorschlag ich viel Sympathie habe. Vogel sagte Anfang des 2018, die Politik müsse der Wissenschaft klar sagen: "Ab jetzt werden zehn Prozent der Mittel für Wissenschaftskommunikation ausgegeben." Man könne mit ein oder zwei Prozent der Etats anfangen. "Erst wird die Wissenschaft sich dagegen sträuben, und in fünf Jahren freuen sich alle, als sei es immer so gewesen." 

 

Karliczek konterte im Interview mit mir den Vorschlag mit einer Gegenfrage: "Ja, aber ist das wirklich eine gute Idee? Ich glaube, Zwang ist nicht der Weg." Sie wolle ein System, das ermuntert, das zum Beispiel auch den Journalismus mit ins Boot holt.  

 

Mal sehen, ob wir Ende des Jahres weiter sind in der Diskussion über einen neuen Aufbruch in der Wissenschaftskommunikation. Denn nur zu reden ermüdet auf Dauer auch.  

 

 

8. Die KMK hat einen Plan

 

Im letzten Jahresausblick schrieb ich von der "Krise der KMK" und sah erste Hinweise für eine echte Reform der Kultusministerkonferenz im Jahr 2018. Im vergangenen Jahr ging es dann schnell und furchtbar schleppend zugleich. Die Geschwindigkeit kam durch die Entscheidung der GroKo, einen Nationalen Bildungsrat einrichten zu wollen. Der potenziell eine Konkurrenz für die KMK sein könnte – zwar nicht von seinen formalen Kompetenzen her (die wären aufgrund der Kultushoheit der Länder gering), aber durch die symbolische Kraft, die er entwickeln könnte. 

 

Die Kultusminister wissen: Sie müssen ihren eigenen Laden in Schuss bringen, wenn sie der (oft allzu) einfachen Kritik am Bildungsföderalismus wirkungsvoll begegnen wollen. Sonst würde der Bildungsrat die KMK vorführen. Der Druck auf die Minister stieg zum Beispiel auch dadurch, dass dem Abitur Ende 2017 höchstrichterlich die mangelnde Vergleichbarkeit bescheinigt wurde. Ein Übriges tat die erwähnte Prognose-Misere in Sachen Lehrermangel. 

 

So finde ich es nach Ablauf des Jahres 2018 ermutigend, wie weit die KMK gekommen ist. Sie hat einen für ihre Verhältnisse erstaunlich ambitionierten Reformplan verabredet. Die Kultusminister haben sich zunächst zehn Themen vorgenommen, bei denen sie deutschlandweit mehr Vergleichbarkeit schaffen wollen, von gemeinsamen Standards bei den Schulabschlüssen (auch unterhalb des Abiturs) über Inklusion, Integration und Lehrerbildung bis hin zur Bildungsstatistik und dem Bildungsmonitoring. Zehn Themen, die in zehn länderübergreifenden Arbeitsgruppen bearbeitet werden.

 

Die Ergebnisse sollen in ein neues Abkommen einfließen. Anders als in einigen Medien berichtet ist zwar noch nicht ausgemacht, dass dies am Ende ein neuer Staatsvertrag zwischen den Ländern sein wird, weil der durchaus auch Nachteile hätte: Er müsste von allen Länderparlamenten beschlossen werden, wäre also zwangsläufig nicht so tiefgehend. Ein Abkommen auf Verwaltungsebene könnte stärker in die Details gehen. Womöglich wird es am Ende aber auch eine Mischung aus beidem, ein Staatsvertrag für die groben Linien und ein Ausführungsabkommen für die Details. Ob Staatsvertrag oder nicht, diese Entscheidung soll im Sommer 2019 fallen. 

 

Warum ich diesen so erfreulichen Prozess zugleich auch als schleppend empfinde? Weil ein neuer Staatsvertrag, Stand heute, vermutlich erst Ende 2020 in Kraft treten würde. Was fast drei Jahre wäre, nachdem die Kultusminister bei ihrer 70-Jahr-Feier im Januar 2018 die ersten großen Erneuerungsschwüre geleistet haben. 

 

Aber der Zug nimmt Fahrt auf, und so schrieb ich in einem Kommentar im Oktober: "Die KMK muss man auch mal loben." Und weiter: "Der Mut der Kultusminister zur Veränderung mag (...) gleich in mehrfacher Hinsicht aus der Not geboren sein, aber es ist Mut. Und der ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter wäre, wenn die Kultusminister jetzt tatsächlich liefern. Die Chancen dafür stehen mit einem Mal überraschend gut."

 

Ein schöne, ein versöhnliches Ende für diesen Jahresausblick 2019. Und ein Grund mehr für mich als Journalisten, dieses Jahr weiter ganz genau hinzuschauen. 

 

Soweit mein Rückblick/Ausblick. Wie gesagt: Viele Themen, über ich genauso gut hätte schreiben können, fehlen, weil der Text sonst komplett aus allen Nähten geplatzt wäre. Kommt zum Beispiel die Deutsche Lehrgemeinschaft, oder wie sonst wird die Nachfolge des "Qualitätspakts Lehre" aussehen, die 2019 ebenfalls beschlossen werden soll? Eine Debatte, die hier im Blog oft geführt wurde im vergangenen Jahr, genau wie die folgenden:  Gibt es noch Änderungen beim BAföG, oder bleibt die Reform so, wie das BMBF sie plant? Was ist eigentlich mit dem von der GroKo vollmundig angekündigten Start in ein neues Zeitalter der Weiterbildung, gelingt der in 2019? Viele fragen sich auch, ob Anja Karliczek 2019 der persönliche Durchbruch als Ministerin gelingt – oder ob sie weiter so heftig in der Kritik steht wie im ersten Jahr ihrer Amtszeit. Was werden wir 2019 von der Forschung zur Künstlichen Intelligenz hören, wohin führt der Streit um die neue Gen-Modifikationstechnik CRISPR/CAS? Und: Wie geht es mit dem Verhältnis von Digitalisierung und Bildung auch jenseits der Schule weiter? Brauchen wir einen Digitalpakt Hochschule, wie ich ihn im Dezember angeregt habe und wie HRK-Präsident Peter-André Alt erst vor wenigen Tagen ebenfalls gefordert hat? Ersten Widerspruch dazu gab es bereits vom CDU-Wissenschaftsexperten Stefan Kaufmann. 

 

Ich höre an dieser Stelle auf. 2019 wird so spannend und so wenig vorhersehbar wie 2018. Aber eines verspreche ich Ihnen: Ich bleibe dran an den Themen  – in meinem Blog, mit meinen Beitragen online und in Tages- und Wochenzeitungen. Und vielleicht sehen wir uns ja auf der einen oder anderen Diskussionsveranstaltung. Darüber würde ich mich freuen.

 

Die besten Wünsche zum neuen Jahr für Sie und Ihre Lieben!

Ihr Jan-Martin Wiarda

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Kommentare: 2
  • #1

    Steffen Prowe (Donnerstag, 03 Januar 2019 13:35)

    Kurz zur Grundfinanzierung und Berufsschulen bzw. dem „dualen Bildungsweg“.
    Die HAW‘s (ehemals „Fachhochschulen“) sind gerade hier stark, Menschen für die akademische Ausbildung abzuholen, oft in Kooperation mit den OSZ. Daher, und auch wegen den anderen Themen wie Digitalisierung oder Forschung, benötigen gerade die HAW‘s eine solidere, umfassendere Grundfinanzierung. Denn wenn wund dort um wenige 10T€ zanken müssen, die „Außeruniversitären“ ihren Etat aber nicht verausgaben können (?!), zeigt sich klar eine Schieflage. UND nicht vergessen, GUTE LEHRE wird sich nicht durch temporäre Projektmittel etablieren lassen. Wieder: Grundfinanzierung.

  • #2

    Bettina Jorzik (Montag, 07 Januar 2019 12:16)

    zu 2. Lehrermangel: Eine weitere Möglichkeit, nachhaltig gegen den nächsten Schweinezyklus vorzugehen, wäre, dass die Länder jährliche Einstellungskorridore vorhalten, also ggf. auch über den Bedarf hinaus einstellen. Dadurch gäbe es nicht nur für jede Generation ausgebildeter Lehrkräfte Perspektiven im Schuldienst; es würden auch altersdurchmischtere Lehrerkollegien entstehen und mittel- bis langfristig verhindert, dass große Teile der Kollegien zeitgleich in Pension gehen.
    zu 4. Berufsschulen: Sie zu achten und ihre Bedürfnisse stärker in den Blick zu nehmen, bedeutet auch, endlich gegen den seit Jahrzehnten bestehenden strukturellen Lehrermangel in den gewerblich-technischen beruflichen Fachrichtungen vorzugehen und die Attraktivität dieses Berufsbildes und der dafür qualifizierenden Bildungsgänge zu steigern. Zwölf Vorschläge hierzu wurden in einem vom Stifterverband initiierten "Innovationsnetzwerk Lehramt an Beruflichen Schulen" erarbeitet (siehe https://www.stifterverband.org/medien/lehrkraeftebildung-berufliche-schulen).